Projekt abgeschlossen. Projekt abgeschlossen? Wenn ein Buch fertig ist

Projekt abgeschlossen. Projekt abgeschlossen? Wenn ein Buch fertig ist

Drei Jahre Arbeit sind nun zu Ende. Die Recherchen über Franz Mueller-Darss, den „Forstmeister“ vom Darss und engen Kumpan von Heinrich Himmler und Hermann Göring, den Kadetten von Plön und Lichterfelde, den dreimal verheirateten festangestellten Mitarbeiter des BND, hinter dem die Staatssicherheit her war – all das ist nun abgeschlossen. Viele Dokumente haben sich finden lassen und lagern nun in meinem Archiv. Ein Teil davon ist im Buch gelandet, das heute am 19. Januar 2022 fertig geworden ist und seinen Weg machen wird.

Keine Ahnung, ob es Reaktionen auf das Buch geben wird, keine Ahnung, was für Reaktionen das sein werden. Wenn ein Buch fertig ist, dann ist es, als wenn ein Kind auszieht und seine eigenen Wege geht. Man ist nun aber mit dem Stoff dauerhaft verbunden. Wer nach „Mueller-Darss“ recherchiert, wird nun auch auf meinen Namen stoßen. Das ist seltsam, beinahe unangenehm, denn Mueller war ein SS-Bonze, mit dem ich eigentlich nichts zu tun haben möchte. Allerdings habe ich dennoch mit ihm zu tun und mit der Generation der Großväter und Großmütter, der er ja angehört hat und die hauptsächlich verantwortlich sind für jene verheerenden 12 Jahre, die mit dem Stichwort „Nationalsozialismus“ nur unzureichend bezeichnet sind.

Diese Verbindung bleibt nun und das entspricht ja im Kern auch mindestens einem Teil der Wahrheit, denn meine Generation, die Generation der jetzt Mitte sechzig Jährigen, bleibt ja verbunden mit der Generation der Großväter und zwar vermittelt durch die Generation der Kriegskinder, zu denen meine Eltern gehörten. Es ist ja alles noch da in den Familien, wenn man auch nicht darüber redet.

Allerdings: je weniger man darüber redet, um so wirksamer sind diese Sachverhalte. Erst, wenn „der Name genannt“ ist; erst, wenn das „Zauberwort ausgesprochen“ wurde – öffnet sich die Tür. Deshalb sind Bücher zur Vergangenheitsklärung nach wie vor wichtig. In diesem Falle ist es eine Art Täter-Biografie geworden. Mueller gehört zu jenen, denen man einen direkten Mord nicht nachweisen kann, wenn auch die Gräben schon ausgehoben waren, in die die russischen Kriegsgefangenen dann fallen sollten nach ihrer Erschießung in Born auf dem Darss. Aber er gehört zu jenen Profiteuren des Nationalsozialismus, denen es egal war, ob es Russen, „Zigeuner“ oder Zeugen Jehovas waren, die ihm dienten. Mueller unterhielt im Forsthaus in Born mit den vier Zeuginnen Jehovas, die ihm dienen mussten, eine Art „privates Häftlingslager“, wie es andere SS-Obere auch hatten. Er war vor allem an einem interessiert: an seinem persönlichen Fortkommen. Dafür hat er all die Verbindungen weidlich ausgenutzt, die sich ihm durch die Gelegenheit boten, hochrangige Persönlichkeiten aus Berlin zur Jagd auf dem Darss einladen zu können. Mueller war am Ende des Krieges der ranghöchste Amtsleiter im SS Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt im Range eines Generalmajors. Das hat er sich noch im Januar 1945 schriftlich geben lassen, man konnte ja nicht wissen, ob das mal für die Rente gut sein würde. Und später beim BND war es genau so: seitenlang geht das in den Akten, wenn er um Pension und Einkünfte feilscht. Diese Karrieristen, die, im Kaiserreich in den Kadettenanstalten Plön und Lichterfelde gedrillt und zu unbedingtem Gehorsam erzogen – diese Karrieristen, denen der „Korpsgeist“ der SS über alles ging – die waren die Träger des menschenverachtendsten politischen Systems, das die Erde bisher gesehen hat. Um all das geht es im nun vorliegenden Buch anhand der eingesehen Aktenbestände aus dem Bundeshauptarchiv (SS-Personalakte), dem Landeshauptarchiv Hamburg (Entnazifizierungsakte); dem Archiv der ehemaligen Staatssicherheit (Außenstelle Rostock) und dem Archiv des Bundesnachrichtendienstes. Was ich finden konnte, habe ich ausgewertet und aufgeschrieben.

Das nun vorliegende Buch soll vor allem eines sein. Eine Erinnerung an die Häftlingsfrauen, die in Born schuften mussten, an die Sinti und Roma-Mädchen, die Zingst, in Wieck und in der INähe von Prerow die Sommerernte einfuhren und im Winter Schilf schneiden mussten und an die über 100 russischen Kriegsgefangenen, von denen wir nicht mal die Namen wissen.

Für sie habe ich dieses schriftliche Denkmal gesetzt. Damit man sie nicht vergisst.

Projekt abgeschlossen. Projekt abgeschlossen? Nein. Mit dieser Geschichte wird man nicht „fertig“ wie mit einer Tasse Kaffee oder einem Stapel Holz, der zu hacken ist. Diese Geschichte geht weiter. Sie geht weiter mit der Generation der Kriegskinder. Meine Eltern gehörten dieser Generation an.

Von der SS zur Staatssicherheit. Die Akte Franz Mueller-Darss.

Von der SS zur Staatssicherheit. Die Akte Franz Mueller-Darss.

Heute war ich nun endlich im Lesesaal des Bundesbeauftragten für die Unterlagen der ehemaligen Staatssicherheit der DDR. Ich wollte wissen, was die Stasi über den SS-General Franz Mueller-Darss wusste. Ich hatte schon vor über einem Jahr einen Antrag gestellt, dann kam die Auskunft, man habe „etwas gefunden“. Dann kam Corona.
Nun also endlich die Akte 3685/63 Band-Nr. 1 BStU Archiv der Außenstelle Rostock. MfS BV Rst AOK 3685/63. Wie man an der Aktenkennung gleich erkennen kann: es handelt sich um Dokumente aus dem Jahre 1963.
„Seit 1960“, so ist eingangs zu erfahren, habe man „Kenntnis von dem Franz Mueller“. Das überrascht mich etwas, denn das deutet ja darauf hin, dass man sich bis 1960 noch gar nicht um ihn und seine ehemaligen SS-Männer gekümmert hatte.
Nun aber habe man die „Information erhalten“, dass es noch Bunker gäbe im dunkeln Darss-Wald. Es gäbe auch „bislang unentdeckte Kontakte“ aus den Orten des Darss zu dem Mueller.
Deshalb sei es „aus Gründen der Sicherung der Staatsgrenze Nord“ angetan, einen OP-Vorgang anzulegen, um herauszufinden, wer denn in Born, Prerow, Zingst, Wieck und Wustrow noch alles im Kontakt stünde mit dem ehemaligen SS-Mann.

Es geht der Stasi also darum, in Born, Prerow, Wustrow und drumherum herumzuhorchen, wer im Kontakt mit Mueller stand, wer seine Revierförster und Helfer im Walde waren und wie man sich die Kommunikation zwischen den „Ehemaligen“ eigentlich vorstellen müsse. Jedenfalls ist in der Akte von „dunklen Gestalten“ die Rede und von „noch unentdeckten Bunkern“ und solchen Sachen. Wir schreiben das Jahr 1963. Die Mauer steht seit zwei Jahren.

Im Ergebnis der Untersuchungen der Stasi, die sich von Februar 1963 – Dezember 1963 hinziehen, kommt so allerlei zu Tage. Man erfährt von Menschen, die ehemals in der SS – nun aber in der SED Mitglied sind. Auch finden sich Menschen, die, ehemals bei der SS nun „GI“ der Staatssicherheit sind, Gesellschaftliche Informanten also. Eine Art „Mitarbeiter“.
Man erfährt, „vertraulich“ sei „bekannt geworden“, dass ein „Hans Becker, Fischer; geb. 1.3.12“ den Franz Mueller-Darss bei seiner Flucht 1945 über den Bodden gebracht haben soll.
Davon hatte ich schon munkeln gehört, als ich in Born mit dem einen oder anderen gesprochen hatte.

Die Stasi ist nicht zimperlich. Sie kontrolliert die Post gleich ganzer Dörfer:
Im Maßnahmeplan vom 21. 1. 1963 ist unter Punkt 5 zu lesen:
5.) „Über die Abteilung -M- ist die Postkontrolle über die Darßer Orte Born, Wieck, Prerow und Zingst einzuleiten. Dadurch soll erreicht werden, eventuell bestehende Verbindungen Darßer Einwohner zu dem Mueller auf postalischem Wege aufzuklären. Termin: 15.2.1963; verantw.: Kasulke, Obfw“.

Der Herr Kasulke von der Stasi jedenfalls hat sich redlich bemüht, das geht aus der Akte eindeutig hervor.
Man findet bei der Lektüre noch etwas Interessantes:
Die Stasi wusste aus ihren Recherchen, dass es in Born ein KZ-Außenlager gab. Sie wusste ausserdem, dass die Bunker im Darsser Wald von KZ-Häftlingen ausgehoben worden sein sollen.
Die Akte gibt aber keinerlei Hinweise darauf, dass die Stasi diesen Hinweisen einmal nachgegangen wäre und die Täter zur Verantwortung gezogen hätte. Der „antifaschistische Staat“ hat da offenbar weggesehen.

Stattdessen hat die Stasi ganz offensichtlich ehemalige SS-Leute, die im Umfeld von SS-General Franz Mueller-Darss im Darsser Wald und am „Borner Hof“ (da waren die russischen Kriegsgefangenen untergebracht) „Mitarbeiter“ von Mueller waren, für eigene Zwecke angeworben. Unter Erpressung, versteht sich.
Man liest beispielsweise am 14.6.1961 in einem Vermerk von Abteilung VII/2 „Sachstandsbericht zum operativen Material Mueller u.a.“, daß „Erich Mehl, heute Revierförster in Abshagen Krs. Grimmen (GI der KD Grimmen) „Angehöriger der SS und unter Mueller Revierleiter in Born war.“ „GI steht dabei für „Gesellschaftlicher Informant“ – die Stasi hat ihn „abgeschöpft“ und er hat „berichtet“.

Dass die Staatssicherheit der DDR ehemalige SS-Leute erpresst und für ihre Zwecke dienstbar gemacht hat, ist mittlerweile gut durch Aktenbestände in den Archiven der „Gauck-Behörde“ belegt. Interessant ist dennoch immer wieder, wenn man auf konkrete Belege stößt.
Die Stasi – so wird an den Kopien deutlich werden, die ich mir heute bestellt habe und die ich noch gründlich auswerten will – wusste jedenfalls sehr genau, wer beim Mueller Kutscher war, wer die Köchin war; wer beim SS-Wachpersonal dabei war; wer bei den „Großjagden mit Göring“ dabei war. Man wusste, welche Rolle der „Arzt Dr. Heinrich“ gespielt hat und so weiter und so weiter.

Dennoch hat man im Dezember 1963 die Akte geschlossen und man hat die SS-Belasteten nicht zur Verantwortung gezogen. Ein interessanter Befund, denn es war gerade 2 Jahre her, dass in Jerusalem ein hoher SS-Mann vor Gericht stand. Adolf Eichmann.
Franz Mueller-Darss und Adolf Eichmann könnten sich begegnet sein. Denn Franz Mueller-Darss war oft bei Eichmanns Chef, dem „Reichsführer SS Heinrich Himmler“ zu Gast am Mittagstisch.

Franz Mueller. Kein Ort zu bleiben. Zürich 1955. Gelesen und kommentiert im Jahre 2020

Franz Mueller. Kein Ort zu bleiben. Zürich 1955. Gelesen und kommentiert im Jahre 2020

Franz Mueller-Darss hat zahlreiche Spuren hinterlassen. Man findet seine SS-Personalakte im Bundesarchiv. Man findet Unterlagen im Archiv der ehemaligen Staatssicherheit, man findet auch Unterlagen im Archiv des Bundesnachrichtendienstes.

Zusätzlich hat Franz Mueller-Darss, der SS-Generalmajor im Persönlichen Stab des Reichsführers SS, Heinrich Himmler auch Bücher geschrieben bzw. schreiben lassen.

Das erste, von ihm geschriebene Buch (das zweite ist vom NS-Schriftsteller Wolfgang Frank) über seine Flucht vom Darß nach Hamburg erschien in der Schweiz im Jahre 1955 unter dem Titel „Kein Ort zu bleiben“. (Meine Kommentarfassung erreicht man durch anklicken).
Das Buch ist der Versuch, seine Biografie zu „glätten“ und dabei auszulöschen, was doch gewesen war. Ich habe das Buch nun gelesen, ausgewertet und mit Anmerkungen versehen, der link dahin ist weiter oben eingefügt. Da das Buch im Buchhandel auch antiquarisch nicht mehr zu bekommen ist, ist die hier vorgelegte Kurzfassung vielleicht für den einen oder anderen hilfreich.

Die Ganoven an Himmlers Tafelrunde

Die Ganoven an Himmlers Tafelrunde

Reichsführer SS Heinrich Himmler lud regelmäßig zum Essen ein. Mittagessen gab es pünktlich um 14 Uhr. Abendessen – je nach Lage – zwischen 20 und 21 Uhr. Ich habe die gerade neu herausgebrachten Diensttagebücher Himmlers der Jahre 1943-1945 auf Treffen zwischen Himmler und Franz Mueller-Darss hin ausgewertet. Ich wollte wissen, mit wem sich Mueller-Darss an Himmlers Tisch getroffen hat. Dieses „Ganoven-Netzwerk“ wurde nach dem Kriege zentral wichtig, als es für viele darum ging, eine neue Identität und eine neue Karriere aufzubauen. Die Recherche der Tischgäste ist nur ein erster Beginn – was aber jetzt bereits sichtbar wird: hier handelt es sich um Ganoven-Netzwerk erster Güte. Viele von denen wurden in Kriegsverbrecherurteilen verurteilt, etliche haben sich das Leben genommen, manche wurden hingerichtet, einige sind geflohen und untergetaucht. Aber: man kannte sich vom Essen beim Reichsführer SS.

Quelle: Diensttagebuch Heinrich Himmler 1943-45, hrsg. Von Matthias Uhl, u.a. Piper, 2020.

  1. Dienstag, 28. Juni 1943 Berchtesgaden

14 Uhr Essen mit SS-Obergruppenführer Lorenz[1], SS-Obergruppenführer von dem Bach[2], SS-Gruppenführer v. Herff[3], SS-Gruppenführer Oberg[4], SS-Brigadeführer Kammler[5], SS-Brigadeführer v. Alvensleben[6], SS-Standartenführer Mueller.
15 Uhr: Vorführung eines Hundeschlittens durch Mueller

  • Mittwoch, 9. Juni 1943 Berchtesgaden.
    20.15 Uhr Essen mit SS-Obergruppenführer Lorenz, SS-Standartenführer Mueller.
  • Donnerstag, 10. Juni 1943 Berchtesgaden (Himmler ist erkältet im Bett)
    15 Uhr Treffen Himmler-Mueller

4. Sonntag, 19. September 1943 Feldkommandostelle Hochwald (Nähe Wolfsschanze, Ostpreußen)
14 Uhr Mittagessen Himmler mit SS-Obergruppenführer Berger[7], SS-Obergruppenführer Krüger[8], SS-Brigadeführer Glücks[9], SS-Standartenführer Mueller, SS-Standartenführer Rode[10], SS-Hauptsturmführer Cantow[11].

5. 17.10 Uhr SS-Brigadeführer Glücks, SS-Standartenführer Mueller
6. 17.50 Uhr SS-Standartenführer Mueller (Vieraugengespräch mit Himmler)
7. 20.10 Uhr Abendessen mit SS-Obergruppenführer von dem Bach, SS-Obergruppenführer Berger, SS-Obergruppenführer Krüger, SS-Standartenführer Rode, SS-Standartenführer Mueller, SS-Standartenführer Lammerding[12].

8. Montag, 20. September 1943 Feldkommandostelle Hochwald
14.00 Uhr Essen Himmlers mit SS-Obergruppenführer Berger, SS-Obergruppenführer Jüttner[13], SS-Brigadeführer Kammler, SS-Brigadeführer Fegelein[14], SS-Standartenführer Mueller, SS-Obersturmbannführer Ruoff[15], SS-Obersturmbannführer Dr. Stumpfegger[16], SS-Sturmbannführer Gräßler[17], SS-Sturmbannführer Reinhardt[18].

9. Montag, 7. Februar 1944 Feldkommandostelle Hochwald
20.30 Uhr Essen Himmlers mit SS-Obergruppenführer Staatsminister K.H. Frank[19]; SS-Obergruppenführer Prützmann[20], SS-Standartenführer Mueller, SS-Obersturmführer Wittmann[21] (LSSAH), Herr Febrans (Begleiter v. SS-Ogruf. Frank), SS-Unterscharführer Fritsch[22].

10. Dienstag, 8. Februar 1944 Feldkommandostelle Hochwald
14.00 Uhr Essen Himmlers mit SS-Obergruppenführer Prützmann, SS-Standartenführer Mueller, SS-Sturmbannführer Kment[23], SS-Obersturmführer Wittmann, Oberleutnant Ritter.

11. Mittwoch, 9. Februar 1944 Feldkommandostelle Hochwald
14.00 Uhr Essen Himmlers mit SS-Obergruppenführer Prützmann, SS-Obergruppenführer Hildebrandt[24]; SS-Standartenführer Mueller; SS-Obersturmbannführer Tiefenbacher[25], SS-Sturmbannführer Christoph, SS-Hauptsturmführer Eicker, Hauptmann Kaatz, Fräulein Lorenz,

12. Montag, 22. Mai 1944 Feldkommandostelle Bergwald (in der Nähe von Hitlers Berghof)
20.00 Uhr Essen Himmlers mit SS-Obergruppenführer Stuckart[26], SS-Gruppenführer Bracht[27], SS-Brigadeführer Kreißl[28], Regierungspräsident Dr. Faust, SS-Brigadeführer Diermann[29], Oberst Flade, SS-Standartenführer Mueller, Dr. Bode[30].

13. Dienstag, 23. Mai 1944 Feldkommandostelle Bergwald (bei München)
14 Uhr Mittagessen Himmlers mit SS-Obergruppenführer Dr. Stuckart, SS-Gruppenführer Simon[31], SS-Gruppenführer Bracht[32], SS-Brigadeführer Kreißl, Regierungspräsident Faust, SS-Standartenführer Mueller, SS-Obersturmbannführer Becher[33], SS-Standartenführer Wagner[34], SS-Sturmbannführer Backhaus

14. Mittwoch, 24. Mai 1944 Feldkommandostelle Bergwald/Sonthofen
13.30 Uhr Gespräch Himmler mit SS-Standartenführer Mueller-Darß

15. 13.45 Uhr Essen mit SS-Gruppenführer Johst[35], SS-Obersturmbannführer D´Alquen[36], SS-Obersturmbannführer Stumpfegger[37], SS-Standartenführer Mueller.

16. Freitag, 16. Juni 1944 Feldkommandostelle Bergwald
14 Uhr Essen mit SS-Obergruppenführer Jüttner, SS-Obergruppenführer Prützmann, SS-Gruppenführer Johst, Generalarbeitsführer Schmückle[38], Oberarbeitsführer Brandstatter, SS-Oberführer Rode[39], SS-Standartenführer Baum[40], SS-Oberführer Mueller, SS-Sturmbannführer Gräßler, SS-Sturmbannführer Wenner, SS-Sturmbannführer Dr. Frank.

17. Sonnabend 17. Juni 1944 Feldkommandostelle Bergwald
21.00 Uhr Essen Himmlers mit Reichsjugendführer Axmann[41], SS-Obergruppenführer Jüttner[42], SS-Obergruppenführer Koppe[43], SS-Gruppenführer Johst, SS-Sturmbannführer Gräßler[44], SS-Hauptsturmführer Reichenbach, SS-Oberführer[45] Mueller, Adjutant von Axmann.

18. Sonntag, 18. Juni 1944 Feldkommandostelle Bergwald
14.10 Uhr Essen Himmlers mit SS-Obergruppenführer von dem Bach, SS-Obergruppenführer Jüttner, SS-Standartenführer Baumert[46], SS-Gruppenführer Johst, SS-Standartenführer Rode[47], SS-Oberführer Mueller, SS-Sturmbannführer Gräßler, SS-Untersturmführer Winkler, Fräulein Lorenz.  

19. Sonntag, 22. Oktober 1944 Pötschendorf
14.00 Uhr Essen[48] Himmlers mit SS-Obergruppenführer v. Herff[49], SS-Standartenführer d’Alquen, SS-Oberführer Mueller, SS-Oberführer Baum[50].

20. Sonnabend, 11. November 1944 München
20.15 Uhr Essen Himmlers mit SS-Obergruppenführer Demelhuber[51], SS-Standartenführer Ax; SS-Oberführer Mueller, SS-Standartenführer Kloth, SS-Gruppenführer Gebhardt, SS-Gruppenführer Johst

21. 00.00 Uhr Gespräch Himmler mit Mueller[52]

22. Dienstag, 16. Januar 1945 Forbach-Gausbach
14 Uhr Essen Himmlers mit SS-Obergruppenführer v.d. Bach[53], SS-Obergruppenführer Jeckeln[54], SS-Brigadeführer Rode, SS-Brigadeführer[55] Mueller-Darß

23. 20 Uhr Essen mit SS-Obergruppenführer Jeckeln, General Hauck[56], SS-Brigadeführer Mueller-Darß, SS-Hauptsturmführer Dr. Groß[57]

24. Mittwoch, 17. Januar 1945 Forbach-Gausbach
14 Uhr Essen Himmler mit SS-Obergruppenführer Jeckeln, SS-Brigadeführer Mueller-Darß, SS-Gruppenführer Ostendorf[58], 2 Generälen und 5 Scharfschützen (Jakob Horn, Georg Kleeberg, Heinrich Lünne, Alfons Ludwig, Karl Maier; vgl. Uhl a.a.O. 1000).

25. Sonntag, 11. Februar 1945 Feldkommandostelle Birkenwald (bei Prenzlau)
20.00 Uhr Essen[59] Himmler mit General Wenck[60], SS-Brigadeführer Mueller-Darß


[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Werner_Lorenz

[2] Bereits im Oktober 1942 hatte Himmler Erich von dem Bach-Zelewski als „Bevollmächtigten des RF-SS für die Bandenbekämpfung“ eingesetzt (Uhl, a.a.O. 31). In den zu „Bandenkampfgebieten“ erklärten Regionen „konnten SS und Polizei willkürlich schalten und walten, die Besatzungsjustiz wurde durch „Standgerichte“ ergänzt, die im Schnellverfahren Todesurteile herbeiführten.1943/44 überzogen Wehrmacht und Polizei fast im Wochentakt einzelne „Partisanenregionen“ mit großen Aktionen. Am 4. August 1944 schickte Himmler von dem Bach nach Warschau und ordnete die systematische Erschießung der Zivilbevölkerung in den umkämpften Vierteln (Ghettoaufstand) an, etwa 160.000 Menschen wurden getötet. (a.a.O. 33).

[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Maximilian_von_Herff#:~:text=Maximilian%20Karl%20Otto%20von%20Herff,1942%20Chef%20des%20SS%2DPersonalhauptamtes.

[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Carl_Oberg

[5] https://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Kammler

[6]https://de.wikipedia.org/wiki/Ludolf-Hermann_von_Alvensleben

[7] https://de.wikipedia.org/wiki/Gottlob_Berger

[8] https://de.wikipedia.org/wiki/Walter_Kr%C3%BCger_(SS-Mitglied)

[9] https://de.wikipedia.org/wiki/Richard_Gl%C3%BCcks

[10] https://de.wikipedia.org/wiki/Ernst_Rode#:~:text=Ernst%20August%20Rode%20(*%209,und%20Generalmajor%20der%20Waffen%2DSS.

[11] https://www.forum-der-wehrmacht.de/index.php?thread/38776-kampfgruppe-cantow/

[12] https://de.wikipedia.org/wiki/Heinz_Lammerding

[13] https://de.wikipedia.org/wiki/Hans_J%C3%BCttner. 1965 in Bad Tölz gestorben, Lenggries liegt gleich nebenan ….

[14] https://de.wikipedia.org/wiki/Hermann_Fegelein. Verheiratet mit Eva Brauns Schwester Gretl ….

[15] https://de.wikipedia.org/wiki/Joachim_Ruoff

[16] https://de.wikipedia.org/wiki/Ludwig_Stumpfegger , der Mörder der Kinder von Goebbels und Leibarzt Himmlers …

[17] https://www.the-saleroom.com/en-gb/auction-catalogues/bene-merenti-auktionen/catalogue-id-srbene10002/lot-11142f11-532c-4416-a5d4-a3fc018712e4 zeitweilig Adjutant von Reinhard Heydrich. Sein Totenkopfring war noch zu haben ….

[18] Nicht klar, ob  dieser Fritz Reinhardt gemeint ist https://de.wikipedia.org/wiki/Fritz_Reinhardt_(SS-Mitglied) oder der ehemalige Gestapo-Chef in Norwegen: https://www.ardmediathek.de/swr/video/abendschau/ss-sturmbannfuehrer-verhaftet/swr-de/Y3JpZDovL3N3ci5kZS9hZXgvbzExNjYyNDE/  

[19] https://www.wikiwand.com/de/Karl_Hermann_Frank vgl. auch den Bericht über die Hinrichtung von Karl Hermann Frank in der Tschechei: https://deutsch.radio.cz/mai-1946-die-hinrichtung-von-karl-hermann-frank-und-das-schicksal-von-kamil-8620121

[20] https://de.wikipedia.org/wiki/Hans-Adolf_Pr%C3%BCtzmann Nach der Hinrichtung des Kriegsverbrechers Prützmann hat Franz Mueller-Darss dessen Witwe geheiratet. Christa Prützmann, geborene von Boddien, war Muellers dritte Frau.

[21] https://de.wikipedia.org/wiki/Michael_Wittmann_(SS-Mitglied) der „erfolgreichste Panzerkommandant des 2. Weltkrieges“ ….

[22] Unklar: entweder der Mann aus Auschwitz https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Fritzsch oder der Mann aus Sachsen: https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Fritsch_(Politiker)

[23]  https://www.tracesofwar.com/persons/13590/Kment-Wilhelm.htm

[24] https://de.wikipedia.org/wiki/Richard_Hildebrandt

[25] https://portal.ehri-project.eu/units/de-002429-ns_19 aus dem Persönlichen Stab Reichsführer SS. Dem dürfte der Herr aus dem Darsser Wald auch auf den Fluren begegnet sein.

[26] https://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_Stuckart

[27] https://de.wikipedia.org/wiki/Werner_Bracht#:~:text=Werner%20Bracht%20(*%205.%20Februar,Gruppenf%C3%BChrer%20und%20Generalleutnant%20der%20Polizei.

[28] https://de.wikipedia.org/wiki/Anton_Krei%C3%9Fl

[29] https://de.wikipedia.org/wiki/Anton_Diermann

[30] Könnte der Leiter des Ministerbüros des Innenministers sein. Vgl. Seite 11: https://www.ifz-muenchen.de/heftarchiv/2006_4_4_lehnstaedt.pdf

[31] https://de.wikipedia.org/wiki/Max_Simon_(SS-Mitglied)

[32] https://de.wikipedia.org/wiki/Werner_Bracht#:~:text=Werner%20Bracht%20(*%205.%20Februar,Gruppenf%C3%BChrer%20und%20Generalleutnant%20der%20Polizei. Oder Fritz Bracht, der mit Himmler in Auschwitz an der Ermordung von Häftlingen teilnahm: https://de.wikipedia.org/wiki/Fritz_Bracht . Für Letzteres spricht auch, dass Mueller mit am Tisch saß, dessen Hunde hatten die KZs zu bewachen.

[33] https://de.wikipedia.org/wiki/Kurt_Becher. Dieser Herr Becher könnte mit seinen zahlreichen Handelsfirmen in Bremen und Umgebung dem Herrn Mueller durchaus behilflich gewesen sein, nach dem Kriege wieder Fuß zu fassen…..

[34] https://de.wikipedia.org/wiki/Horst_Wagner_(Diplomat) der Herr vom Verbindungsbüro ins Auswärtige Amt.

[35] Der „Barde der SS“: https://de.wikipedia.org/wiki/Hanns_Johst oder der Herr von der Einsatzgruppe A: https://de.wikipedia.org/wiki/Heinz_Jost im Kalender von Himmler ist allerdings klar von „JOHST“ die Rede.  

[36] Der Herr vom „Völkischen Beobachter“ und vom „Schwarzen Korps“: https://de.wikipedia.org/wiki/Gunter_d%E2%80%99Alquen, seit 1935 ein alter Vertrauter vom Herrn Himmler

[37] https://de.qaz.wiki/wiki/Ludwig_Stumpfegger der Leibarzt vom Heinrich Himmler, der zuletzt im Führerbunker dabei war. Der konnte dem Herrn Mueller nach dem Kriege allerdings nicht mehr viel nützen, weil er selber schon tot war.  

[38] https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Schm%C3%BCckle_(Politiker)

[39] https://de.wikipedia.org/wiki/Ernst_Rode der Spezialist für „Partisanenbekämpfung“

[40] http://www.lexikon-der-wehrmacht.de/Personenregister/B/BaumO.htm

[41] Erst 1996 in Berlin gestorben: https://de.wikipedia.org/wiki/Artur_Axmann

[42] https://de.wikipedia.org/wiki/Hans_J%C3%BCttner

[43] https://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_Koppe

[44] Vgl. dazu https://www.wikiwand.com/de/Gesch%C3%A4ftsverteilungspl%C3%A4ne_des_Geheimen_Staatspolizeiamtes

[45] Man hat ihn offenbar befördert.

[46] Aus dem Persönlichen Stab RFSS, Mueller wird ihm öfter über den Weg gelaufen sein: https://portal.ehri-project.eu/units/de-002429-ns_19

[47] https://de.wikipedia.org/wiki/Ernst_Rode

[48] Im kleinsten Kreise. Mueller muss sehr „dicke“ gewesen mit dem Himmler gewesen sein, anders sind solche Einladungen nicht erklärlich.

[49] Chef des SS-Personalhauptamtes seit 1942

[50] https://de.wikipedia.org/wiki/Otto_Baum_(SS-Mitglied) der Panzerfahrer ….

[51] SS-Obergruppenführer Demelhuber fungierte als Befehlshaber der Waffen-SS in den Niederlanden, SS-Standartenführer Ax war der Chef seines Stabes (Uhl, a.a.O. 939) vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Maria_Demelhuber. Hier sieht man ihn „mit Hund“. Nach dem Kriege führt seine Spur nach Schleswig-Holstein und zur HIAG. Mueller könnte seine Hilfe in Anspruch genommen haben. Möglicherweise war Mueller selbst Mitglied in der HIAG (was zu prüfen wäre).

[52] „Der RF SS erließ einen Organisationsbefehl für das Diensthunde- und Brieftaubenwesen. Er unterstellte sich diesen Bereich „unmittelbar“ und beauftragte Franz Mueller-Darß, mit dem er mehrmals die Notwendigkeit der Neuordnung der Rekrutierung und Ausbildung von Diensthunden erörtert hatte, mit der Leitung.“ (Uhl, Der Dienstkalender Heinrich Himmlers 1943-1945, a.a.O. S. 939)

[53] Spezialist für „Partisanenbekämpfung“

[54] Verantwortlich für die Ermordung von mehr als 100.000 Menschen, u.a. in Riga. 1946 als Kriegsverbrecher hingerichtet : https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Jeckeln

[55] Offenbar erneut befördert.

[56] Arbeitet nach dem Krieg beim „Evangelischen Hilfswerk“ bei Eugen Gerstenmaier. In diesem Netzwerk waren etliche Altnazis versteckt. https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Wilhelm_Hauck

[57] Vermutlich dieser promovierte Jurist aus Österreich: https://de.wikipedia.org/wiki/Kurt_Gro%C3%9F#:~:text=Kurt%20Gro%C3%9F%20(*%205.,der%20Waffen%2DSS%20und%20Unternehmensberater.

[58] https://de.wikipedia.org/wiki/Werner_Ostendorff . 1945 in Folge einer Brandgranate im Lazarett an Gasbrand gestorben.

[59] Das letzte gemeinsame Essen vor dem Ende des Krieges.

[60] Generalleutnant Walther Wenck, „Hitlers letzte Hoffnung“; Chef der Operationsgruppe des Generalstabes des Heeres, sollte das Unternehmen „Sonnenwende“ koordinieren. (Uhl, a.a.O. 1030) https://de.wikipedia.org/wiki/Walther_Wenck in seiner 12. Armee dienten Hans-Dietrich Genscher und Dieter Hildebrandt. Wenck gelang ein Rückzug nach Westen bis Tangermünde an der Elbe. Im Rathaus von Stendal kapitulierte seine 12. Armee.

Fundsache: der Dienstkalender Heinrich Himmlers (1943-1945) und der „Hundemüller“.

Fundsache: der Dienstkalender Heinrich Himmlers (1943-1945) und der „Hundemüller“.

Es war eine Sensation, als man die verloren geglaubten Blätter mit dem Dienstkalender Heinrich Himmlers für die Jahre 1943 – 1945 im Jahre 2013 in Podolsk in der Nähe von Moskau in einem russischen Archivbestand fand.
Nun (2020) sind sie ganz frisch in einer sorgfältig edierten wissenschaftlich kommentierten Ausgabe bei piper erschienen und stehen der Forschung als erstklassige Quelle zur Verfügung.

Die Jahre 1943 – 1945 sind für unseren Zusammenhang der Erforschung der NS-Geschichte auf dem Darss insofern von Bedeutung, als der Forstmeister und spätere SS-Generalmajor der Waffen-SS, Franz Mueller-Darss in jenen Jahren hauptamtlich im Persönlichen Stab des Reichsführers SS, Heinrich Himmler arbeitete. Er war zuständig für das „Hundewesen“ in Polizei, Wehrmacht und SS.

Himmlers Dienstkalender gibt uns nun exakte Auskunft darüber, mit wem Mueller-Darss im Kontakt war, wann er sich mit Himmler und den anderen Ganoven traf und manchmal wurde sogar vermerkt, worüber gesprochen wurde.

Beispielsweise Sonntag, 19. September 1943. Feldkommandostelle Hochwald.
14.00 Uhr Mittagessen mit SS-Obergruppenführer Berger, SS-Obergruppenführer Krüger, SS-Brigadeführer Glücks, SS-Standartenführer Mueller, SS-Standartenführer Rode, SS-Hauptsturmführer Cantow
17.10 Uhr SS-Brigadeführer Glücks, SS Standartenführer Mueller
20.10 Uhr Abendessen mit SS-Obergruppenführer von dem Bach, SS-Obergruppenführer Berger, SS-Obergruppenführer Krüger, SS-Standartenführer Rode, SS-Standartenführer Mueller, SS-Standartenführer Lammerding. (zitiert nach: Matthias Uhl u.a. „Die Organisation des Terrors. Der Dienstkalender Heinrich Himmlers 1943-1945“ Piper 2020, S. 452)

Beim Gespräch um 17.10 Uhr mit Glücks und Mueller ging es um den vermehrten Einsatz von Hunden bei der Bewachung der Konzentrationslager.

Wir sehen an diesem einen Tag: Mueller gehörte zum engsten Kreis um Himmler, er gehörte zur „Tafelrunde“ und traf sich an Tagen wie diesem gleich mehrfach mit dem Reichsführer SS.

Ich werde mir diese wertvolle mehr als 1000-seitige Quelle, die mir seit gestern zur Verfügung steht, nun genau auf die Kontakte von Mueller-Darss durchschauen und auch seine „Tischgenossen“ genauer in den Blick nehmen, damit deutlicher wird, in was für einem SS-Netzwerk der Hundemüller aus Born a. Darß gearbeitet hat. Was wir jetzt bereits sehen können: Mueller-Darss war keineswegs ein „irgendwer“ im Kreise des Reichsführers SS, sondern gehörte zum inneren Zirkel.

Mueller-Darss und der Leibarzt Himmlers

Mueller-Darss und der Leibarzt Himmlers

Beide kannten sich. Beide gehörten zum engsten Kreis um Reichsführer SS, Heinrich Himmler. Der eine war sein „Beauftragter für das Diensthundewesen“ – der hatte sich um etwa 50.000 Hunde bei SS, Militär und Polizei zu kümmern, wozu auch die Bewachung der KZ-Häftlinge, insbesondere in den Außenkommandos der Konzentrationslager gehörte. Der andere war ein Arzt, der den Heinrich Himmler behandelte, wenn der mal wieder seine Magenschmerzen hatte.

Jener Arzt nun, Felix Kersten, bittet den „Hundemüller“, Franz Mueller-Darss also, um einen Gefallen. Man schreibt das Jahr 1949, der Krieg war vorbei. Felix Kersten soll in einem Untersuchungsverfahren belegen, dass tatsächlich er es war, der durch eine Intervention bei Heinrich Himmler erreicht hat, dass etwa 8 Millionen Holländer nicht in die Ukraine und nach Weißrussland und ins Generalgouvernement zwangsumgesiedelt wurden, wie ein angeblich von Adolf Hitler unterzeichneter Umsiedlungsplan schon für das Jahr 1941 eigentlich vorsah.

Der niederländische Historiker Louis de Jong hat sich mit jenem Umsiedlungsplan, für dessen angebliche Verhinderung Felix Kersten höchste Auszeichnungen in den Niederlanden erhalten hat, genauer befasst. Seine Ergebnisse kann man in der Schriftenreihe der Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte Nr. 28 unter dem Titel „Zwei Legenden aus dem Dritten Reich“ „Felix Kersten und die Niederlande“ (DVA Stuttgart 1974, S. 77-138) finden. Das Ergebnis seiner vorzüglichen textkritischen Arbeit lautet kurz und lapidar:
einen solchen von Hitler unterzeichneten Umsiedlungsplan hat es nie gegeben.

Nun aber schreibt man das Jahr 1949 und der Leibarzt Himmlers sucht immer noch weitere „Zeugen“ für seine Variante der Erzählung. Vom persönlichen Adjutanten Himmlers, Dr. Rudolf Brandt (im „Ärzteprozess“ am 20. August 1947 zum Tode verurteilt und am 2. Juni 1948 in Landsberg hingerichtet) hatte er schon im Oktober 1947 eine als „vorsichtige Unterstützung“ zu lesende schriftliche Aussage bekommen . Man muss dabei wissen: Zur Unterstützung Brandts in dessen Prozess hatte Kersten am 8. Januar 1947 eine eidesstattliche Erklärung abgegeben, die dem American Military Tribunal zur Entlastung Brandts vorgelegt wurde.
Beide Männer helfen sich also gegenseitig.

Einen weiteren „Zeugen“ seiner Variante der Wahrheit bringt Felix Kersten im Jahre 1949 bei: er wählt Franz Mueller-Darss, der sich im Verfahren aber als „Franz Müller-Darss. Generalmajor d. R. Beauftragter für Forst- u. Jagdwesen im Stabe des Oberbefehlshabers des Ersatzheeres“ bezeichnet. Beide kannten sich aus dem Persönlichen Stab des Reichsführers SS. Der eine als dessen „Hundebeauftragter“, der andere als dessen Leibarzt.

Franz Mueller-Darss (er hat, so ist es in seiner SS-Personalakte sauber notiert, größten Wert darauf gelegt, MUELLER geschrieben zu werden. Nun heißt er schlicht „Müller“) behauptet, „Beauftragter für Forst- und Jagdwesen“ gewesen zu sein. So jemanden hat es aber nie gegeben. Schon gar nicht im Stabe des „Oberbefehlshabers des Ersatzheeres“. Interessanterweise gibt Mueller-Darss keine Adresse an, als er am 28. September 1949 in Hamburg eine schriftliche „Erklärung“ zugunsten von Felix Kersten abgibt.

Wie Luis de Jong in seinem Artikel akribisch nachweist:

der ehemalige Generalmajor der Waffen-SS Franz Mueller-Darss, im Persönlichen Stab des Reichsführers SS Heinrich Himmler „Beauftragter für das Diensthundewesen“ gibt dem Leibarzt Himmlers, Dr. Felix Kersten im Jahre 1949 ein zusammengelogenes Gefälligkeitsgutachten zu einem „Deportationsplan“, den Kersten verhindert haben will, den es aber nie gegeben hat.

Dabei – und das ist nebenher noch interessant – vermeidet es Herr „Müller“, eine Adresse anzugeben und die Unterschrift unter seiner „Erklärung“ weicht ebenfalls deutlich von der Unterschrift unter seinem persönlichen Lebenslauf in der SS-Personalakte ab.
Luis de Jong kommentiert trocken: „Müller-Darss hat aus Gründen, die man nur vermuten kann, in seiner Aussage seinen wahren Rang und seine wirkliche Funktion verschwiegen und durch andere Angaben ersetzt.
Der „Generalmajor der Reserve“ hatte offenbar Gründe, Nachforschungen über seine Person zu erschweren.“ (a.a.O. S. 116).

Ein Grund ist inzwischen bekannt: Franz Mueller-Darss war seit 1948 in den Diensten der Organisation Gehlen, dem Vorläufer des Bundesnachrichtendienstes. Er lebte im Jahre 1949 in Hamburg.