Mueller-Darss und der „Werwolf“

Mueller-Darss und der „Werwolf“

Der Historiker und Journalist Dr. Edwin Sternkiker von der Ostsee-Zeitung in Ribnitz-Damgarten, der sich intensiv mit der NS-Zeit und auch der Zeit danach auf dem Darss befasst hat und befasst, meint, Franz Mueller-Darss habe am Ende des Krieges im April/Mai 1945 versucht, von seinen Bunkern im Darss-Wald aus Aktionen des „Werwolf“ zu organisieren. Schriftliche Belege dafür habe ich bislang in den untersuchten Akten zu Mueller-Darss nicht gefunden, was auch seltsam wäre, ich will aber dennoch dieser Spur einmal genauer nachgehen.
Gesichert ist, dass sich Mueller-Darss ab dem 30. April 1945 in Bunkern im Darss eingegraben hat.
In seinem Buch „Kein Ort zu bleiben“ (Schweiz 1955) spricht er von zwei Bunkern, im Buch „Verklungen Horn und Geläut“ (verfasst von dem NS-Schriftsteller Wolfgang Frank) ist von vier Bunkern die Rede.
Die Frage ist, weshalb Mueller-Darss nicht auf die Flucht gegangen ist, sondern weshalb er sich überhaupt eingegraben hat. Klar war, „die Russen“ suchten ihn. Er behauptet, „10.000 Mark“ seien auf ihn ausgesetzt gewesen. In seinem Buch „Kein Ort zu bleiben“ behauptet er, er sei „aus Liebe zu meinem Wald“ geblieben, er habe „seinen Lebensinhalt“ auf dem Darss gefunden und wollte deshalb bleiben.
Das ist wenig glaubwürdig. Man bleibt nicht, wenn man mit Kopfprämie gesucht wird, nur weil man einen Wald schön findet.
Glaubwürdiger ist ein anderer Gedanke: dass sich der SS-Mann Mueller „so lange es irgend geht gegen die Russen“ zur Wehr setzen wollte. Mueller-Darss war er verblendeter Russen-Hasser, die Belege dafür sind zahlreich.
Allerdings schreibt er in „Kein Ort zu bleiben“:
„Zwar habe ich meine Waffen vergraben, doch wollen wir sie nicht anrühren. Ich habe keine Lust, Werwolf zu spielen. Das war die letzte verrückte, verbrecherische Idee, die in Berlin ausgeheckt wurde. Der Krieg ist aus, und jeder, der die Waffe och einmal aufnimmt, ist des Todes. Und ist ein Narr!“
Diese Bemerkung wiederum könnte ein nachträglicher Vertuschungsversuch seines Verhaltens sein. Das Buch erschien erst 1955, also zehn Jahre nach den Ereignissen in einer Zeit, in der man nicht gern an seine SS-Vergangenheit erinnert werden wollte.

Klar ist zweitens: Mueller-Darss und Himmlers Beauftragter für die „Werwolf“-Organisation, der SS-Oberführer Hans-Adolf Prützmann kannten sich. Und zwar kannten sie sich gut. Sie waren mehrmals bei Himmler zu Tisch, wie ich anhand des Diensttagebuches von Himmler kürzlich nachgewiesen habe. Mehr noch, sie waren „gute Kameraden“.
Mueller-Darss berichtet im Buch „Verklungen Horn und Geläut“:
„Ich habe auch noch einmal eine Frau gefunden, zudem die Witwe eines Kameraden, ……“ (433 in der 15. Auflage von 1985).
Diese Frau war Christa, geb. von Boddien, verwitwete Prützmann, wie meine Recherchen nachweisen konnten. Ihre Todesanzeige von 2008 gibt den Hinweis. Ihre Söhne unterzeichnen mit „Prützmann“, nicht mit „Mueller-Darß“.
Auch diese enge Verbindung zwischen der Familie Prützmann und Franz Mueller-Darss könnte ein Hinweis dafür sein, dass sich der „Forstmeister“ eher den „Werwölfen“ angeschlossen hat, als einfach in den Westen zu ziehen. Der Darss war militärisches Sondergebiet, Anschläge hätten wirkungsvoll sein können. Allerdings: es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass Mueller-Darss und seine Kumpane, mit denen er im Bunker gesessen hat, tatsächlich Anschläge verübt haben.
Heute fand ich eine englisch-sprachige Aufzeichnung über die „Werwölfe“, die hier im Beitrag eingefügt sein soll. Zu sehen sind unter anderem Reichsführer SS, Heinrich Himmler und sein Werwolf-Organisator Hans-Adolf Prützmann. Auch gibt es einführende Hinweise im „Lebendigen Museum online.“ Klar ist: am Ende des Krieges waren es oft verblendete sehr junge Hitler-Jungen, die als „Werwölfe“ unterwegs waren, wie der Schriftsteller Erich Loest im hier verlinkten Beitrag des ZDF von sich erzählt. In der sowjetischen Besatzungszone sind viele von ihnen zunächst im NKWD-Sonderlager (zum Beispiel in Fünfeichen oder auch in Hohenschönhausen), nicht wenige von ihnen auch im Gulag gelandet. So mancher Ort ist von der Roten Armee beinahe dem Erdboden gleichgemacht worden, nur weil in den letzten Tagen des Krieges solche verblendeten „Werwolf“-Jüngelchen auf einem Kirchturm die Hakenkreuzfahne gehisst haben, obwohl die russischen Panzer schon direkt vor dem Ortseingang standen, wie es in Gartz an der Oder beispielsweise gewesen ist. Dieser Heimatort meiner Familie war bis unmittelbar vor dem Kriegsende fast völlig unversehrt, wurde dann aber zu einer Ruinen-Stadt, als Hitler-Jungen, die sehr wahrscheinlich den Werwölfen zuzurechnen sind, die alte Fahne auf der Kirche gehisst haben. Die militärischen Erfolge, die sich Himmler von den „Werwölfen“ erhoffte, sind nicht eingetreten.

Fundsache: der Dienstkalender Heinrich Himmlers (1943-1945) und der „Hundemüller“.

Fundsache: der Dienstkalender Heinrich Himmlers (1943-1945) und der „Hundemüller“.

Es war eine Sensation, als man die verloren geglaubten Blätter mit dem Dienstkalender Heinrich Himmlers für die Jahre 1943 – 1945 im Jahre 2013 in Podolsk in der Nähe von Moskau in einem russischen Archivbestand fand.
Nun (2020) sind sie ganz frisch in einer sorgfältig edierten wissenschaftlich kommentierten Ausgabe bei piper erschienen und stehen der Forschung als erstklassige Quelle zur Verfügung.

Die Jahre 1943 – 1945 sind für unseren Zusammenhang der Erforschung der NS-Geschichte auf dem Darss insofern von Bedeutung, als der Forstmeister und spätere SS-Generalmajor der Waffen-SS, Franz Mueller-Darss in jenen Jahren hauptamtlich im Persönlichen Stab des Reichsführers SS, Heinrich Himmler arbeitete. Er war zuständig für das „Hundewesen“ in Polizei, Wehrmacht und SS.

Himmlers Dienstkalender gibt uns nun exakte Auskunft darüber, mit wem Mueller-Darss im Kontakt war, wann er sich mit Himmler und den anderen Ganoven traf und manchmal wurde sogar vermerkt, worüber gesprochen wurde.

Beispielsweise Sonntag, 19. September 1943. Feldkommandostelle Hochwald.
14.00 Uhr Mittagessen mit SS-Obergruppenführer Berger, SS-Obergruppenführer Krüger, SS-Brigadeführer Glücks, SS-Standartenführer Mueller, SS-Standartenführer Rode, SS-Hauptsturmführer Cantow
17.10 Uhr SS-Brigadeführer Glücks, SS Standartenführer Mueller
20.10 Uhr Abendessen mit SS-Obergruppenführer von dem Bach, SS-Obergruppenführer Berger, SS-Obergruppenführer Krüger, SS-Standartenführer Rode, SS-Standartenführer Mueller, SS-Standartenführer Lammerding. (zitiert nach: Matthias Uhl u.a. „Die Organisation des Terrors. Der Dienstkalender Heinrich Himmlers 1943-1945“ Piper 2020, S. 452)

Beim Gespräch um 17.10 Uhr mit Glücks und Mueller ging es um den vermehrten Einsatz von Hunden bei der Bewachung der Konzentrationslager.

Wir sehen an diesem einen Tag: Mueller gehörte zum engsten Kreis um Himmler, er gehörte zur „Tafelrunde“ und traf sich an Tagen wie diesem gleich mehrfach mit dem Reichsführer SS.

Ich werde mir diese wertvolle mehr als 1000-seitige Quelle, die mir seit gestern zur Verfügung steht, nun genau auf die Kontakte von Mueller-Darss durchschauen und auch seine „Tischgenossen“ genauer in den Blick nehmen, damit deutlicher wird, in was für einem SS-Netzwerk der Hundemüller aus Born a. Darß gearbeitet hat. Was wir jetzt bereits sehen können: Mueller-Darss war keineswegs ein „irgendwer“ im Kreise des Reichsführers SS, sondern gehörte zum inneren Zirkel.

Mueller-Darss und der Leibarzt Himmlers

Mueller-Darss und der Leibarzt Himmlers

Beide kannten sich. Beide gehörten zum engsten Kreis um Reichsführer SS, Heinrich Himmler. Der eine war sein „Beauftragter für das Diensthundewesen“ – der hatte sich um etwa 50.000 Hunde bei SS, Militär und Polizei zu kümmern, wozu auch die Bewachung der KZ-Häftlinge, insbesondere in den Außenkommandos der Konzentrationslager gehörte. Der andere war ein Arzt, der den Heinrich Himmler behandelte, wenn der mal wieder seine Magenschmerzen hatte.

Jener Arzt nun, Felix Kersten, bittet den „Hundemüller“, Franz Mueller-Darss also, um einen Gefallen. Man schreibt das Jahr 1949, der Krieg war vorbei. Felix Kersten soll in einem Untersuchungsverfahren belegen, dass tatsächlich er es war, der durch eine Intervention bei Heinrich Himmler erreicht hat, dass etwa 8 Millionen Holländer nicht in die Ukraine und nach Weißrussland und ins Generalgouvernement zwangsumgesiedelt wurden, wie ein angeblich von Adolf Hitler unterzeichneter Umsiedlungsplan schon für das Jahr 1941 eigentlich vorsah.

Der niederländische Historiker Louis de Jong hat sich mit jenem Umsiedlungsplan, für dessen angebliche Verhinderung Felix Kersten höchste Auszeichnungen in den Niederlanden erhalten hat, genauer befasst. Seine Ergebnisse kann man in der Schriftenreihe der Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte Nr. 28 unter dem Titel „Zwei Legenden aus dem Dritten Reich“ „Felix Kersten und die Niederlande“ (DVA Stuttgart 1974, S. 77-138) finden. Das Ergebnis seiner vorzüglichen textkritischen Arbeit lautet kurz und lapidar:
einen solchen von Hitler unterzeichneten Umsiedlungsplan hat es nie gegeben.

Nun aber schreibt man das Jahr 1949 und der Leibarzt Himmlers sucht immer noch weitere „Zeugen“ für seine Variante der Erzählung. Vom persönlichen Adjutanten Himmlers, Dr. Rudolf Brandt (im „Ärzteprozess“ am 20. August 1947 zum Tode verurteilt und am 2. Juni 1948 in Landsberg hingerichtet) hatte er schon im Oktober 1947 eine als „vorsichtige Unterstützung“ zu lesende schriftliche Aussage bekommen . Man muss dabei wissen: Zur Unterstützung Brandts in dessen Prozess hatte Kersten am 8. Januar 1947 eine eidesstattliche Erklärung abgegeben, die dem American Military Tribunal zur Entlastung Brandts vorgelegt wurde.
Beide Männer helfen sich also gegenseitig.

Einen weiteren „Zeugen“ seiner Variante der Wahrheit bringt Felix Kersten im Jahre 1949 bei: er wählt Franz Mueller-Darss, der sich im Verfahren aber als „Franz Müller-Darss. Generalmajor d. R. Beauftragter für Forst- u. Jagdwesen im Stabe des Oberbefehlshabers des Ersatzheeres“ bezeichnet. Beide kannten sich aus dem Persönlichen Stab des Reichsführers SS. Der eine als dessen „Hundebeauftragter“, der andere als dessen Leibarzt.

Franz Mueller-Darss (er hat, so ist es in seiner SS-Personalakte sauber notiert, größten Wert darauf gelegt, MUELLER geschrieben zu werden. Nun heißt er schlicht „Müller“) behauptet, „Beauftragter für Forst- und Jagdwesen“ gewesen zu sein. So jemanden hat es aber nie gegeben. Schon gar nicht im Stabe des „Oberbefehlshabers des Ersatzheeres“. Interessanterweise gibt Mueller-Darss keine Adresse an, als er am 28. September 1949 in Hamburg eine schriftliche „Erklärung“ zugunsten von Felix Kersten abgibt.

Wie Luis de Jong in seinem Artikel akribisch nachweist:

der ehemalige Generalmajor der Waffen-SS Franz Mueller-Darss, im Persönlichen Stab des Reichsführers SS Heinrich Himmler „Beauftragter für das Diensthundewesen“ gibt dem Leibarzt Himmlers, Dr. Felix Kersten im Jahre 1949 ein zusammengelogenes Gefälligkeitsgutachten zu einem „Deportationsplan“, den Kersten verhindert haben will, den es aber nie gegeben hat.

Dabei – und das ist nebenher noch interessant – vermeidet es Herr „Müller“, eine Adresse anzugeben und die Unterschrift unter seiner „Erklärung“ weicht ebenfalls deutlich von der Unterschrift unter seinem persönlichen Lebenslauf in der SS-Personalakte ab.
Luis de Jong kommentiert trocken: „Müller-Darss hat aus Gründen, die man nur vermuten kann, in seiner Aussage seinen wahren Rang und seine wirkliche Funktion verschwiegen und durch andere Angaben ersetzt.
Der „Generalmajor der Reserve“ hatte offenbar Gründe, Nachforschungen über seine Person zu erschweren.“ (a.a.O. S. 116).

Ein Grund ist inzwischen bekannt: Franz Mueller-Darss war seit 1948 in den Diensten der Organisation Gehlen, dem Vorläufer des Bundesnachrichtendienstes. Er lebte im Jahre 1949 in Hamburg.

SS-Generalmajor Franz Mueller-Darss und seine „reißenden Bestien“, die KZ-Wachhunde


Er ist davongekommen. Niemand hat ihn vor Gericht gestellt. Das hat mir vorige Woche auch das Bundesarchiv schriftlich bestätigt.  Nach dem Krieg hat er seine Dienste dem Bundesnachrichtendienst verkauft. Mueller-Darss hatte vor allem eines im Kopf: die eigene Karriere. Menschen waren ihm weitgehend egal.
Rechts ein Foto aus den Fünfziger Jahren mit seiner dritten Ehefrau. Links ein Foto aus seiner SS-Personalakte von 1936, die ich kürzlich im Bundesarchiv einsehen und dokumentieren konnte.  1936, da war er „Forstmeister Mueller“ und residierte in Born auf dem Darss in seinem „Jagdhaus“, das heute das Forstmuseum beherbergt.
Mueller-Darss (die Namensergänzung „Darss“ hat er sich persönlich von Himmler per Anordnung genehmigen lassen) 1944 4. 11. Mueller darf sich Mueller-Darss nennen.hat sich bemüht, in die SS aufgenommen zu werden. Und dann hat er sich vor allem um eine sehr schnelle Karriere innerhalb der SS bemüht, wie dieses Dokument aus der SS-Personalakte Mueller-Darss aus dem Bundesarchiv belegt: Personalakte Mueller-Darss Dienstlaufbahn tabellarisch Im Dezember 1944 war er SS-Generalmajor (die Dokumente stammen allesamt aus der SS-Personalakte Mueller-Darss im Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde BArch R 1501; 127660):21.12.44 Beförderung SS-Brigadeführer und Generalmajor

Nun war er der ranghöchste Amtsleiter eines Amtes im SS-Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt in Berlin, Mitglied im Persönlichen Stab des Reichsführers SS Heinrich Himmler und dessen „Beauftragter für das Diensthundewesen“.  Er war in der „Amtsgruppe D Konzentrationslager“ im SS-Wirtschafts- und Verwaltungs-Hauptamt (WVHA) in der Abteilung 2 im Zentralamt (D1/2) für die Lagerschutz- und Wachhunde zuständig.
Am 15. Mai 1942 ordnete Himmler das gesamte „Diensthundewesen“ neu und der Leiter des WVHA, Pohl, befahl am 2.6.1942 für die Konzentrationslager die Aufstellung einer eigenen Ausbildungsstaffel und einen massiven Ausbau des Hundeeinsatzes.
Unter 2.) dieses Befehls heißt es:
„Mit der Überwachung der Hundeausbildung und der Hundebeschaffung ist der Beauftragte für das Diensthundewesen beim Reichsführer SS, SS-Standartenführer Müller, vom Reichsführer-SS eingesetzt. Er übt seine Tätigkeit in den K.L. in engster Zusammenarbeit mit dem Amtschef D I, SS-Obersturmbannführer Liebehenschel aus“. (zitiert nach: Bertrand Perz, „….müssen zu reißenden Bestien erzogen werden“. Der Einsatz von Hunden zur Bewachung in den Konzentrationslagern. in: Dachauer Hefte 12, Konzentrationslager und Lebenswelt und Umfeld, 12. Jahrgang 1996 Heft 12; S. 142)
Und dann heißt es noch:
„Die wirtschaftliche Betreuung der Hundestaffel – SS-Männer und Hunde – erfolgt durch die Kommandantur des K.L. Sachsenhausen.“ (a.a.O., S. 142; Die Amtsgruppe D hatte ihren Sitz in Oranienburg neben dem KL Sachsenhausen im sogenannten T-Gebäude).

Mueller-Darss hat sich persönliche KZ-Häftlinge gehalten. 4 Frauen, alle Zeuginnen Jehovas, mussten ihm im Forsthaus in Born dienen. “Die vier Bibelforscherinnen, die in Born auf dem Darß an der Ostsee von 1943 – 1945 Arbeiten für das dortige Forstamt zu verrichten hatten, waren im ehemaligen Zimmer des Forstgehilfen in zwei Doppelbetten mit Strohsack untergebracht. …. In Born entsprach der Verpflegungssatz qualitativ dem im KZ, auch wenn es von der Menge her etwas mehr war. ….Bei den in Born zu verrichtenden Arbeiten handelte es sich vorwiegend um körperlich schwere Arbeiten…..“ (vgl. dazu ausführlicher diese Seite)

Und im Darsser Wald hat er über 100 KZ-Häftlinge mit schwersten Holzfäll-Arbeiten für die SS-Meilerei in Born a. Darss „beschäftigt“. Anfangs waren die Häftlinge im „Borner Hof“ in dreistöckigen Holzpritschen untergebracht – mitten im Dorf -, später dann hausten sie in einfachsten Erdhöhlen gleich im Darsser Wald. 
Als eine Gruppe dieser Häftlinge ins Stammlager nach Ravensbrück wegen Erschöpfung zurückgebracht wurde (was einem Todesurteil gleichkam), sah das so aus:
Sie mußten unabhängig von der Witterung in Erdlöchern hausen. Die wenigsten verfügten über einen Mantel, sondern lediglich über eine zerrissene Decke. Bei den von ihnen zu verrichtenden Arbeiten handelte es sich vorwiegend um körperlich schwere Arbeiten. Als im Dezember 1944 ein Transport mit fünfzig Russen aus Born im Stammlager Ravensbrück eintraf, löste der Anblick der wankenden Skelette selbst bei denjenigen Häftlingen Entsetzen aus, welche die fürchterliche Anfangsphase des Männerlagers mitgemacht hatten”.  Ich habe die Situation der Häftlinge auf dem Darss, auch die der vier „privaten Häftlinge“, etwas umfänglicher dokumentiert auf der facebook-Seite zum Recherche-Projekt.

Der Chef des SS-WVHA, Pohl, richtete nach dem 23. Juli 1942 im Zentralamt der Amtsgruppe D eine sechste Hauptabteilung D 1/6 ausschließlich für „Schutz- und Suchhunde“ mit folgenden Abteilungen ein:
a) Beschaffung von Hunden, Hundekartei
b) Ausbildung der Hundeführer, Hundeführerkartei
c) Ausbildung von Schutz- und Wachhunden
d) Hundezucht
e) Veterinärangelegenheiten

Die Leitung der Hauptabteilung D 1/6 wurde, wie schon im Erlaß Pohls vom 2. 6. 1942 erwähnt, dem „Beauftragten des Diensthundewesens im Persönlichen Stab des RFSS“, SS-Standartenführer Müller nebenamtlich übertragen, als sein Vertreter SS-Hauptsturmführer Harbaum eingesetzt, der Adjutant des Inspekteurs der KL Glücks und für die Steuerung des KL-Personals zuständig war. (zitiert nach Bertrand Perz, „….müssen zu reißenden Bestien erzogen werden“, Dachauer Hefte 12, a.a.O., 143).

Himmler wollte durch den verstärkten Einsatz von „reißenden Bestien“ vor allem SS-Personal bei den KZ-Wachmannschaften einsparen, was aber nicht wirklich gelang. „Erfolgreich“ wurden dagegen die von Mueller-Darss ausgebildeten Wach- und Suchhunde in den zahlreichen Außenlagern der KZ eingesetzt, wie Born a. Darss eins war.  Die Berichte über verletzte und zerfetzte und von den Hunden völlig zerrissene Häftlinge sind zahlreich. Die SS hat diese schärfstens abgerichteten Hunde wie Waffen eingesetzt, wie Bertrand Perz in seinem grundlegenden Aufsatz über die Ausbildung und den Einsatz der Hunde gründlich dokumentiert hat.

Mueller-Darss ist im Frühjahr 1945 seinen Verfolgern entkommen. Es heißt, er habe sich anfangs in SS-Bunkern im Darss-Wald versteckt, ihm sei die Flucht über die See gelungen, er sei dennoch kurz in britischer Gefangenschaft gewesen, einen Prozess gegen ihn habe es jedoch nicht gegeben. Es heißt weiterhin, er sei nach dem Krieg im Dienst des Bundesnachrichtendienstes gestanden – entsprechende Recherche-Anfragen meinerseits beim Bundesarchiv in Koblenz und Bayreuth und auch beim BND, in Bad Arolsen und auch beim Beauftragten der Bundesregierung für die Unterlagen der Staatssicherheit der ehemaligen DDR laufen noch. Ich will genauer wissen, was aus Franz Mueller-Darß, den man in Born a. Darss heute noch beinahe liebevoll nur den „Forstmeister“ nennt, nach dem Krieg geworden ist.
Was ich weiß, Franz Mueller-Darss, geboren am 29. April 1890 in Lindau,  Landkreis Nordheim im Eichsfeld, starb am 18. Juni 1976, von der Justiz völlig unbehelligt, im oberbayerischen Lenggries eines natürlichen Todes.

(Anmerkung am 1.10.2020: mittlerweile wurden Akten sowohl beim Bundesbeauftragten für die Unterlagen der ehemaligen Staatssicherheit der DDR (BStU) als auch zwei Personalakten beim BND aufgefunden, die ich demnächst auswerten kann. Bestätigt hat sich, was ich vermutet hatte: Mueller-Darss hat schon ab 1948 für die „Organisation Gehlen“ gearbeitet. Nach Auskunft von Dr. Gerhard Sälter, Berlin schied er 1966 im Alter von 75 Jahren aus den Diensten des Bundesnachrichtendienstes aus.)