Berlin-Hohenschönhausen 1933-1945

Berlin-Hohenschönhausen 1933-1945

Da ist nun ein neues Projekt entstanden: die Geschichte des Berliner Ortsteils Hohenschönhausen, seit 1920 zu Groß-Berlin gehörend, in der Zeit zwischen 1933 und 1945. Zur Projekt-Seite geht es hier entlang. 
Schon erste Rechercheergebnisse zeigen: Hohenschönhausen war bis 1933 überwiegend „links“ bestimmt: klare Mehrheiten für Sozialdemokraten und Kommunisten und ab 1933 klare Mehrheiten für die NSDAP. Die Kirchgemeinde ist „zu 100% mit Deutschen Christen“ besetzt, auch der seit 1910 amtierende Pastor, Orient- und Japan-Spezialist Dr. Julius Kurth gehört den „Deutschen Christen“ an.

Die Bevölkerungszahl in Hohenschönhausen wächst ab Mitte der Zwanziger Jahre schnell, nachdem das Land des ehemaligen Rittergutes parzelliert und als Siedlungsland verkauft worden ist. Deshalb sucht die Kirchgemeinde schon seit Ende der Zwanziger Jahre Hilfspastoren, um Pastor Kurth zu entlasten. Ab 1934 scheint die deutsch-christliche Kirchengemeinde zum Disziplinierungsort für „missliebige“ Pastoren, die der „Bekennenden Kirche“ angehörten, vorgesehen gewesen zu sein, wie der Vorgang um den in Elberfeld arbeitenden Lic. Wilhelm Niesel zeigt, dessen „Fall“ hier kurz referiert werden soll.
Niesel war Dozent am Predigerseminar in Elberfeld. Und er gehörte dem gerade frisch gegründeten „Pfarrernotbund“ (später „Bekennende Kirche“) um Martin Niemöller und Dietrich Bonhoeffer an. Das gefiel nicht allen, wie die hier folgenden Dokumente aus dem Kirchlichen Zentralarchiv Berlin (Akte ELAB 14/15222) zeigen, auf die ich bei meiner Recherche zur Kirchgemeinde Hohenschönhausen zwischen 1933 und 45 eher zufällig gestoßen bin:

1934 4. Juni Konsistorium Rheinland an Kons Berlin wg. Niesel 1

1934 4. Juni Konsistorium Rheinland an Kons Berlin wg. Niesel 2

1934 4. Juni Konsistorium Rheinland an Kons Berlin wg. Niesel 3

1934 14. Juli Elberfeld an Konsistorium gegen Niesel S. 1

1934 14. Juli Elberfeld an Konsistorium gegen Niesel S. 2

Mitte 1935 jedenfalls beschwert sich der Hohenschönhausener Pastor Kurth beim Konsistorium, dass „der Lic. Niesel sich hier noch nicht hat blicken lassen“. Wilhelm Niesel dachte nicht mal im Traum daran, der Versetzung nach Hohenschönhausen zuzustimmen. Er wird vielmehr, statt in die Verbannung nach Hohenschönhausen zu gehen, leitender theologischer Berater bei der „Bekennenden Kirche“.
Diese Dokumente sind in vielerlei Hinsicht interessant. Sie zeigen unter anderem: auch in Kreisen der Kirche gab es Denunziation, Anbiederei an den NS-Staat und andere Unzulänglichkeiten.