Samstagsfoto


Mobilität
Mobilität

Die Sonne bringt einen schönen Herbsttag, die Luft ist kühl.
Das Foto finde ich bei Google+ und betrachte es lange.
Wohin sind die Menschen auf diesem Bild unterwegs? Wohin entwickeln sich die Städte? Was ist das Ziel von Politik?
Das Bild springt mich an mit solchen Fragen.
„Der helle Wahnsinn“ kommentiert ein Facebook-User das Bild spontan.
Ich weiß von vielen Reisen rund um die Welt, dass über die Hälfte der Weltbevölkerung in megacities lebt. Solche Städte sind nicht selten das Ziel der Wünsche der Menschen, weil sie hoffen, dort ausreichend Nahrung und Arbeit zu finden für sich und ihre Kinder.
Das Bild ist Symbol für die Leistungsgesellschaft westlicher Prägung; Synonym für Industriealisierung, Mobilität, Energieverbrauch, Naturzerstörung, Krieg um letzte Rohstoffe, Massengesellschaft. Das Individuum, der einzelne Mensch – wird zur Nummer, zum Datensatz, zur Kennziffer.
Ist ein solcher Lebensraum ein für Menschen lohnendes Ziel?
Leben Menschen glücklicher in solchen Städten?
„Die Stadt“ ist zum Synonym geworden für eine unkontrollierbare Entwicklung, Synonym für Zerstörung. Der Seelen vor allem.
Die Menschen verlieren den Kontakt zu sich und zur Natur. Lichtsmog und Lärm vernebeln ihnen die Sinne. Sie können nur noch schwer wahrnehmen, was an Reichtum eigentlich da ist.
„Entschleunigung“ ist ein Wort unserer Tage. Auch „Depression“. Die Zahl seelischer Erkrankungen in den Industrienationen wächst stark.
Was wären „Maßstäbe des Menschlichen“?
Lässt sich überhaupt eine Politik denken, die solche Prozesse zu steuern noch in der Lage ist?
Ein hochrangiger Kommunalpolitiker in Neu Delhi sagte mir auf einer Dienstreise: „Diese Stadt kann man eigentlich nicht regieren. Wir wissen ja nicht mal, wo sie anfängt…..“.
Das Bild ist ein Synonym geworden für „noch mehr“, „noch schneller“, „noch gewaltiger“. Ich sehe es in den Tagen, in denen über „Rettungsschirme“ gesprochen wird. Der „Zusammenbruch des Euroraumes“ wird befürchtet, die „Griechenland-Krise“ wirft ihre Schatten.
Das Bild zeigt: wir leben über unsere Verhältnisse. Seit etwa 150 Jahren nutzt man das Auto. In dieser Zeit haben wir mehr als die Hälfte der Rohstoffe durch die Motoren gejagt, die in Milliarden von Jahren in der Erde entstanden sind. Nimmt man das Lebensalter der Erde zum Maßstab und setzt es als vierundzwanzig Stunden bis heute, dann haben wir in den letzten Sekunden verbrannt, was während des ganzen Lebens gewachsen ist. Es ist wie ein Feuerwerk. Der Wahnsinn nennt es „Fortschritt“. Und in den Hirnen vieler Menschen, vor allem in Wirtschaft und Politik, geistert das Wort vom „Wachstum“ immer noch als lohnenswertes Ziel.
Die Prozesse der Naturzerstörung beschleunigen sich.
Aber vielleicht wächst durch die zunehmende Vernetzung der Menschen untereinander durch die neuen sozialen Netzwerke auch ein Bewusstsein dafür, wie sehr wir abhängig sind von der Erde, die unsere Zivilisation trägt. Es ist nur eine vage Hoffnung, denn die Netzwerke werden auch genutzt, um das Wachstum der Wirtschaft noch schneller voran zu treiben.
Auf vielen Dienstreisen rund um die Welt hatte ich oft Gelegenheit, solche Riesenstädte aus der Luft zu sehen – beim Landeanflug auf einen der vielen Flughäfen, die solche Städte oftmals haben.
Fliegt man über Städte wie Tokyo, Delhi, Hongkong, Buenos Aires und andere, kann einen der Gedanke anwehen, als wären diese Städte wie wildwuchernde Krebsgeschwüre auf der Haut der Erde…..
In solche Städte fliegt die Umwelt-Community, um wieder mal eine Konferenz zum Klimaschutz abzuhalten. Man jettet von Großstadt zu Großstadt, um die Welt zu retten. Vergeblich. Denn die Emissionen steigen weiter stark an, die Zerstörung nimmt weiter zu.

Das Bild lässt mich auch ratlos. Denn es gibt keine einfachen Antworten auf die Frage, wie denn diesen Wahnsinn Einhalt geboten werden könnte. Zu vernetzt ist die Zivilisation. Komplex verwoben ist sie. Wenn sich etwas in einem Teil der Erde verändert, verändert sich das gesamte System. Weshalb einfache Antworten nicht mehr möglich sind. Immer wenn ich in politischen Programmen lese „nur so“ sei die Lösung eines Problems erreichbar, blättere ich weiter. Denn „nur so“ ist vereinfachtes Denken, das der Komplexität unserer Welt nicht mehr angemessen ist.

Ein Weg ist natürlich, bei sich selbst zu beginnen und diesen „Wahnsinn“ nicht mehr mitzumachen. Viele Menschen gehen diesen Weg, so gut sie können.
Aber, schaut man auf den Globus, kann man sehen, dass der größere Teil der Weltbevölkerung weiterhin in diese Städte zieht. Umweltzerstörung, Klimawandel, Hoffnung auf ein wenig mehr Nahrung und Arbeit treiben die Menschen hin zum Moloch.

Aus einem Langstreckenflieger oder gar aus dem Weltall können solche Städte auch „schön“ aussehen, wenn sie in der Dunkelheit leuchten. Aber, kaum ist man gelandet, zeigt „die Stadt“ ihre andere Seite.

Es ist Samstag.
Herbst.
Die Sonne wärmt einen schönen Tag.
Die Erde dreht sich weiter um sich selbst und umkreist die Sonne. Politiker reden, Zeitungen schreiben, Musiker spielen, Kinder lachen, Mönche schweigen.
Und die alte Sonne wärmt das alles, gibt Wasser und Brot, wie sie es seit Jahrmilliarden getan hat….

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