Gandhi und Extinction Rebellion (Aufstand gegen das Aussterben). Oder etwas über sehr große Schuhe


Man bezieht sich ausdrücklich auf Mahatma Gandhi und seinen gewaltlosen Widerstand gegen die britischen Kolonialherren. Gewaltlosigkeit soll oberstes Prinzip sein bei den nun beginnenden Aktionen von Extinction Rebellion, was in etwa „Aufstand gegen das Aussterben“ bedeutet. Die Bewegung findet heute (15. April 2019) in 33 Ländern der Welt ihren Anfang und hat in Großbritannien mit der Besetzung von Verkehrsinfrastruktur (Brücken) begonnen.
Die Menschen, die sich bei Extinction Rebellion verbinden, sind bereit, für den Schutz des Planeten ins Gefängnis zu gehen.

Damit also beginnt die Karwoche 2019: mit Demonstrationen einer Organisation, die einen „radikalen Klimaschutz“ einfordert. Man müsse „die Regeln brechen“, die sich ein Wirtschaftssystem gegeben hat, das die Welt zerstört.

Zunächst: der Vortrag, den Nick Holzberg über die Bewegung Extinction Rebellion gehalten hat, und den man sich hier anschauen kann, ist nach meinem Urteil sehr gut. Der Erste Teil bezieht sich auf die wissenschaftlich bekannten Fakten, referiert sie unter Angabe sehr guter Quellen umfänglich und endet mit dem Stichwort „Trauer„. Denn: es ist bereits „fünf nach zwölf“.
Der Zweite Teil (etwa ab Minute 52) befasst sich mit der Frage, was trotz des katastrophalen Befundes noch getan werden kann.

Dieser Aspekt hat mich besonders interessiert, deshalb habe ich mir heute die live-streams aus Oslo, Berlin und Kopenhagen angesehen, in denen zu sehen ist, wie die „Aktionen“ nun beginnen. Überall sieht man heute den „schwarzen Sarg“ getragen von den Menschen, deren Symbol die Sanduhr ist: die Zeit läuft ab.

Dann kamen Reden. Jedenfalls in Berlin. Die haben mich weniger überzeugt und ich fand: die Schuhe, die uns Mahatma Gandhi hinterlassen hat, sind doch ziemlich groß für das, was da heute zu sehen war. Schon die Sprache ließ mich an einer wirklichen Gewaltlosigkeit zweifeln. Gut, die Redner waren verschieden, Charaktere sind verschieden – aber überzeugend fand ich das (noch) nicht.

Es ist ein sehr großer Anspruch, bei Gandhi anzuknüpfen. Wer sich intensiv mit seinem Leben befasst hat, sieht: Gandhi hat vor allem seinen inneren Unfrieden bekämpft, damit er wirklich gewaltfrei sein konnte. Es ist vor allem dieser unbedingte Anspruch an sich selbst, der die Meßlatte so hoch hängt.
Gut, man hat Rudi Dutschke zitiert mit seinem Satz, glaubwürdige Gesellschaftskritik sei unabdingbar verknüpft mit Selbstkritik – in den Worten von Extinction Rebellion Berlin hieß das „wir alle sind Teil des Systems, das die Erde zerstört“ – aber, ob die unbedingte Arbeit an sich selbst wirklich Voraussetzung dafür ist, was man „auf den Straßen“ erreichen möchte, das war zumindest heute noch nicht wirklich zu erkennen.

Bei der Sprache beginnt es nämlich. Und wenn ich jemandem zuhöre, der alles andre als friedlich spricht, dann überzeugt mich das nicht, wenn er von Gewaltlosigkeit redet. Aber: jedem seine Chance.

Was wir in diesen Wochen und Monaten sehen: überall auf der Welt entstehen solche Gruppen und Netzwerke: FridaysForFuture, ParentsForFuture, Scientists4Future, GrandparentsForFuture, Fuer-unsere-Enkel.org (die gibts schon seit September 2017…..), 350.org und nun also auch Extinction Rebellion, deren Mitglieder allerdings mit der Bereitschaft gegebenenfalls auch ins Gefängnis zu gehen.

All diese Netzwerke, Gruppen und „Bewegungen“ stehen miteinander im Kontakt. 
Das wird nicht ohne Auswirkungen bleiben, wenn am 26. Mai 2019 ein neues Europäisches Parlament gewählt wird.  Diese Europwahl muss zur Klima-Wahl werden. Wir haben nur noch 10 Jahre, um das Ruder herumzureißen und die Hälfte dieser Zeit wird das nun zu wählende neue europäische Parlament maßgeblich mitbestimmen.  Meine Hoffnung ist: dass die zivilen Netzwerke bis Mitte Mai immer stärker werden. Wir arbeiten gemeinsam mit vielen Menschen in Europa weiter daran. Am 26. 5. wird dann gewählt.

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