Etwas über Bildung, Schulstifte, Gastfreundschaft und so’n Zeug. Aus Marmol. Das liegt in den Bergen….


Vom Tee will ich erzählen. Und vom klaren Wasser. Von Schulstiften und dem lachenden Buddha von Marmol. Weil wir grade über muslimische Kultur sprechen.
Wer mit Dr. Rupert Neudeck reist, sollte irgendwelche Hotels vergessen. Wer mit ihm reist, lernt Land und Leute wirklich kennen. Denn er geht in Orte, in die sich sonst keiner traut….
Daß wir durch Minenfelder fahren würden, sagte man uns erst hinterher, als wir wieder heil zu Hause angekommen waren….
In meinem Reisetagebuch vom 24. Juli 2003 habe ich folgendes notiert:
Wir wollen ins Gebirge. Die Fahrt beginnt wie immer morgens hektisch. Sultan fährt, als sei der Scheiitan hinter im her. Heute zeigt er uns, dass man im Kreisverkehr auch mal links herum fahren kann, wenn man abkürzen will.
Erst müssen wir in die Stadt, um weitere Begleiter mit ihrem eigenen Jeep in den Troß aufzunehmen. Später werden wir noch einen ortskundigen Führer abholen. Wir sind zu den Dörfern unterwegs. …Wir fahren tatsächlich querfeldein zwischen den Dörfern und fragen unterwegs immer mal, ob das Gelände minenfrei ist. Die Bauern beruhigen uns: „hier ist geräumt. Gerade vor acht Wochen sind sie hier durch.“

Kinder am Wasser in der Ebene von Gori Mor. Foto: Martin Zenker

Wir machen Halt in einem Dorf in der Ebene von Gori Mor. 5.000-6.000 Einwohner hat der Ort. Davon 1500 Kinder. 374 Kinder in der Schule.
Das ganze Dorf hat nur an zwei Tagen in der Woche Wasser, aber auch das ist nicht zuverlässig so.
Die hygienischen Verhältnisse sind katastrophal.
Insbesondere die Kinder nehmen das Wasser zum Baden und auch zum Trinken.
Seuchengefahr überall.
Es gibt zwar ein neues Schulgebäude im Ort mit vier Schulräumen, aber es fehlen fünf weitere – weil sie so viele Kinder hier haben.
Dieses Flüsschen hier auf dem Bild – das muss genügen. Für 6.000 Menschen und ihre Tiere. Zweimal pro Woche.
Aber wir wollen weiter. Wir wollen in die Berge.
Die Fahrt nach Marmol
ist so ziemlich das Abenteuerlichste, das ich bisher auf den Auslandsreisen erlebt habe. Die Wege hören bald hinter dem Dorf auf. Wir hatten extra einen „Spezialisten“ aus dem Dorf mitgenommen, damit er uns den Weg zwischen möglichen Minenfeldern zeigen konnte. For dieser Fahrt hatte sogar Sultan Sorgenfalten….

Reise auf dem ausgetrockneten Flussbett....Foto: Martin Zenker

Wir fahren also die ausgetrockneten Flusstäler bergauf, „fahren“ auf dem „Schotter“ des Flussbettes.
Wir machen Rast in einer Klamm, die im Frühjahr 4mannhoch vom Schmelzwasser durchschossen wird. Hier kommt man eigentlich nur noch mit Eseln voran. Die Wege werden steiler und steiler. Aber die Fahrer schaffen es irgendwie. Tadsh und seine afghanischen Freunde. Und der ortskundige Führer kennt die Stellen, wo es geht.
Weit weit oben erreichen wir einen Ort: Marmol.
Wir kommen überraschend. Man ist nicht eingestellt auf Gäste. Dennoch bittet uns der Direktor der Schule in den Garten. Es ist etwa vierzehn Uhr am Nachmittag. Wir leben wie im Paradies: jetzt, nach diesem exorbitanten Aufstieg in die Berge sitzen wir unter dem kühlen Nussbaum beim wunderbaren schwarzen Tee und reden mit dem „lachenden Buddha von Mar Mol“ über seine Schule. Es ist ein wunderbarer Platz:  Wir sind wie in einer anderen Welt. Grün ist es ringsum! Sehr gutes Wasser hat man hier. Deshalb schmeckt der Tee vorzüglich. Nie habe ich solch exquisiten Tee getrunken.
Wir sitzen und reden mit dem Schuldirektor, einem sehr dicken, großen, autoritären aber sehr freundlichen und herzlichen Menschen, Abdul Satar Palwan. Ich nenne ihn für mich den „Buddha von Marmol.“ „Vor 63 Jahren wurde hier die Schule gebaut“, erzählt er. Es ist die einzige Schule in der Region. 1000 Schüler hat man. Es ist eine Mittelschule bis zur neunten Klasse. „Die Lehrer, die hier arbeiten, sind eigentlich keine Lehrer, sondern machen das nebenberuflich“. Wir hörten schon in anderen Orten von sol chen Umständen. UNICEF war zwar schon hier, hat drei Zelte und ein paar Lehrmittelkoffer dagelassen. „Die werden nicht wiederkommen“ meint Rupert. „Sie haben ihre Aufgabe erfüllt: Zelte sind aufgestellt, Koffer mit Lehrmaterial sind abgeliefert….“. Man überlegt, ob man eine Mädchen- und eine Jungsschule gründet, aber es hängt natürlich alles an verfügbaren Mitteln.
Nun wird der Tee serviert, man reicht Bonbons dazu, Süßigkeiten müssen sein zum Tee. Rupert gefällt der Ort. Er fragt genauer nach, was hier möglich wäre. Bisher hatte man zehn Räume in einer insgesamt großen Schule. Durch die Kämpfe jedoch hat die Schule stark gelitten. Allein 500 Mädchen aus der Region gehen hier zur Schule. Weil die Räume nicht reichen, kann man nur im Sommer unterrichten, da helfen die Zelte. Im Winter wird die Schule geschlossen, weil er dann keine Möglichkeit mehr zum Unterricht hat. Im November macht man zu, im März wieder auf. Rupert wird immer neugieriger und fragt, wo man hier Baumaterial kaufen könne. Das geht in Mazar i sharif. Von dort muss man alles herauschaffen in die Berge.
Wir fragen nach den Panzern, die wir am Wege gesehen haben. Herr Dostum und sein Kollege General, Herr Bossum, haben sich hier oben gezankt, erfahren wir, deshalb lägen die alten Tanks hier noch im Gebirge herum. ISAF hat die Zänkereien beendet. Der Ort liegt genau im Grenzbereich zwischen beiden Warlords. Rupert sagt seinen Spruch: „Wir haben noch nie etwas versprochen, ohne es zu halten“, aber man merkt, er würde gern was versprechen….Das Baumaterial also könnte man von Mazar aus hier heraufbringen.
Es ist wirklich ein traumhafter Ort. Herrlichstes Quellwasser steht zur Verfügung. Der Geschmack des Tees verrät es.

die Kinder in Marmol. Afghanistan. Foto: Martin Zenker

Man hat es auch im Ort gesehen: die Kinder sind wesentlich sauberer als in anderen Dörfern. Man hat schlicht mehr Wasser, um die Kinder zu waschen!
Rupert sagt: „Ihr werdet bald Nachricht von uns bekommen. Wenn wir kommen, dann müsst ihr uns einen Raum zur Verfügung stellen und wir müssen mit den Behörden zusammenarbeiten etc. etc.“. Es deutet vieles darauf hin, dass er sich im Grunde schon entschieden hat. Wir fragen weiter. Wie ist es mit der Gesundheitsversorgung? Vor einem Jahr ist hier ein Medizinraum errichtet worden. Er ist nicht ständig besetzt. Doktor und Krankenschwester gibt’s hier auch nicht. Die sind im Moment in Mazar i Sharif.
Was ist mit Telefon? Kommunikation nach Mazar gibt es nicht: kein Telefon, kein Fernsehen, kein Radio. „Hier leben nur glückliche Menschen“ denke ich mir. Es gibt ein spezielles Handwerk zur Turbanherstellung im Ort. „Es gibt gutes Handwerk im Ort“ sagt der dicke lachende Buddha von Marmol nicht ohne Stolz. Aber: im Winter ist man hier oben völlig abgeschnitten. Dann kommt man höchstens über ein paar schwierige Pässe mit den Maultieren raus oder in den Ort.
Eigentlich hat der Ort auch gutes Obst. Aber im letzten Winter waren so starke Fröste, dass viel kaputt gegangen ist. Die Menschen des Dorfes sind hier auch alle im Dorf geboren, denn die Entfernungen zum nächsten Krankenhaus erlauben keine Außerhausgeburten. Man hat Generatoren im Ort für den Strom. „Deshalb kann man auch Video gucken“, lächelt der Buddha. Also doch nicht nur glückliche Menschen…..
Wir versuchen, die Informationen zu verdichten. Wir fertigen auf einem Zettel eine Liste der Orte der Umgebung an und fragen sie einzeln nach den Daten ab: Einwohnerzahl, Schulräume usw. So verschaffen wir uns eine Übersicht, was in der Region los ist. „Die erste Statistik dieser Gegend“ meint Rupert. „Ich bin sicher.“
Die Gegend ist einfach grandios. Über 250 Meter erheben sich die Steilwände der Felsen in den Himmel. Es ist wie ein gewaltiger Wall rund um den Ort. Insgesamt 10.000 Schüler, davon 3.000 zwischen sieben und zehn, leben in der Gegend.

der lachende Buddha von Marmol. Foto: Martin Zenker

Als ich hier meine mitgebrachten Stifte verteilen will, macht der Buddha einen herrlichen Witz: Ich hatte ihm schön Packung um Packung herüber gereicht. Auch die losen Stifte. Schließlich langt er zu mir herüber und nimmt mir auch noch die Tüte aus der Hand, stopft alle Stifte wieder hinein und meint: „das ist ja eine nette Geste lieber Freund. Aber wir können dich hier nicht weglassen mit so wenig Stiften. Das reicht ja für unsere 10.000 Kinder überhaupt nicht. Wir halten dich jetzt solange hier, bist du so viel angeliefert hast, dass es für die Kinder reicht.“
Ja, so werden wir es machen. Ich bleibe hier, und die anderen müssen noch mehr Stifte besorgen. Soll sich doch das Auswärtige Amt drum kümmern, daß sie ihren Abgeordneten wieder ins Parlament zurück bekommen…..
Ein praktischer Mann, der sich für seine Kinder ins Zeug legt, nicht wahr. Er arbeitet mit 45 Kollegen, „nicht alles Pädagogen…..“.

Jetzt, abends um sechs sitzen wir wieder an unserem Platz in Mazar i Sharif im Elternhaus von Tadsh und Sultan.
Wir haben die Fahrt gut überstanden, nachdem wir eine Stelle überqueren mussten, die sehr danach aussah, als könnten da Minen liegen. Sultan raste mit dem Jeep über diese Stelle: „Wenn wir schnell drüber fahren, erwischen sie uns nicht, wenn sie hochgehen“ war seine Hoffnung. Alles lief gut. Weiter unten dann hatte er sich zu weit rechts gehalten. Die anderen mussten uns wieder über ein Stück Niemandsland auf den richtigen Weg lotsen. Auch das ging gut.
Ich hatte einen Fehler gemacht.
Vorgestern hatte ich mal einen kleinen Wunsch geäußert: gern würde ich mal über den Bazar gehen, um eine Kleinigkeit zum Mitbringen zu erstehen.
Jetzt sehen wir das Ergebnis dieses Fehlers: Im Quartier hatte man uns im Hof wunderbare Geschenke ausgebreitet: einen kompletten afghanischen Anzug, den nehme ich für B. mit und ein Kleid und eine Mütze und solche Sachen und eine ganze Discothek mit afghanischer Musik. Wir sind sprachlos über soviel Großzügigkeit…..
Das Essen, man isst sitzend auf dem Fußboden ist einfach: zwei Flaschen Cola, Melonen, Fladenbrot, ein wenig Gemüse.
Später erfahre ich Folgendes: wenn ein afghanischer Bauer 15 Stunden am Tag seine Feldarbeit macht (bei einem Anmarsch zu Fuß von bis zu drei Stunden und entsprechendem Weg zurück inclusive gerechnet), verdient er umgerechnet einen Euro.
Eine Flasche Cola kostet jedoch ungerechnet 1,50 Euro.
Was da also vor uns steht: ist fast ein Wochenlohn! Ich bekomme ein Gefühl dafür, was im Islam Gastfreundschaft ist. Es ist ein sehr hohes Gut. Der Gast genießt den Schutz des Gastgebers.
Deshalb waren wir nie wirklich in Gefahr. Wir hatten die Gastfreundschaft von Tadsh, Sultan und seiner Familie.
Ich werde davon in Deutschland erzählen, wenn sie wieder anfangen zu diskutieren, ob der Islam zu Deutschland gehöre oder nicht. Ich werde ihnen dann vom Gebot der Gastfreundschaft erzählen, das im Islam gilt…..
Vielleicht können wir ja etwas lernen, vom lachenden Buddha von Marmol und seinen 10.000 Kindern …..

Zur Verteidigung der guten Wissenschaft in Deutschland – eine Streitschrift


Lange Jahre war ich auf Bundesebene mitverantwortlich für die Wissenschaftspolitik in Deutschland. Als Abgeordneter der Deutschen Bundestages im Forschungsausschuss, als stellvertretender forschungspolitischer Sprecher und als Parlamentarischer Staatssekretär. Es ist an der Zeit, sich schützend vor die gute Wissenschaft in Deutschland zu stellen. Denn offensichtlich sind die derzeitige Forschungsministerin und auch die Kanzlerin dazu nicht bereit. Der Verbleib eines Betrügers im Amt eines Bundesministers schadet dem Wissenschaftsstandort Deutschland auf fundamentale Weise.

Solange die Kanzlerin einen Minister, der die Wissenschaft auf betrügerische Weise geschädigt und sich seinen Doktortitel durch Betrug erschleichen wollte, im Amt lässt, solange ist jedes Reden der Kanzlerin, Bildung und Wissenschaft seien der wichtigste Rohstoff für die Volkswirtschaft und entscheidender Standortfaktor nichts als leeres Gerede.

Denn hier geht es nicht um eine Bagatelle. Nicht derjenige, der den Betrug kritisiert, kriminalisiert das Verhalten des Ministers, sondern derjenige verhält sich schädlich, der durch Betrug versucht, sich akademische Titel zu erschleichen.

Was macht die Bundesforschungsministerin? Sie schweigt. Und sie vergeht sich damit an der guten Wissenschaft in Deutschland.
Was macht die Kanzlerin? Sie schweigt und lässt den Minister im Amt – ein Schlag gegen alle, die sich um gute Bildung und Wissenschaft in Deutschland bemühen. Ein Schlag ins Gesicht all derer, die durch ausgezeichnete Forschung und akkurate wissenschaftliche Leistungen den Wohlstand in unserem Industrieland sichern.
Denn, wenn der Betrüger im Amt bleibt, ist dem Betrug in Wissenschaft und Forschung Tor und Tür geöffnet. Dann ist künftig alles egal. Dann darf kopiert, abgeschrieben, betrogen werden, ohne daß es Folgen hätte.
Das darf nicht passieren!

Unser Industrieland braucht eine exzellente und nach strengen Kriterien arbeitende Wissenschaft die der Mensch die Luft zum Atmen.
Ich war etliche Zeit Senator der Fraunhofer-Gesellschaft.
Deshalb weiß ich, wie zentral wichtig die Qualitätssicherung in der Forschung ist. Der globale Wettbewerb ist mittlerweile so hart geworden, daß nur noch höchste Qualität in der Lage ist, denn Wettbewerb zu bestehen. Raubkopien, Plagiate, billige Nachahmung der internationalen Mitbewerber machen dem Wirtschaftsstandort Deutschland schwer zu schaffen.
Es gibt nur einen Weg, diesen Wettbewerb zu bestehen: höchste Qualität in Wissenschaft und Forschung.
Deshalb ist es richtig, wenn die Lehrer, Hochschullehrer und Professoren bei ihren Schülern und Studenten von der Schule an streng auf exaktes, strengen wissenschaftlichen Kriterien genügendes Arbeiten achten.
Deshalb ist es richtig, wenn schon von der Schule an die kleinsten Versuche, durch Betrug oder Abschreiben zu „Ergebnissen“ zu kommen, streng bestraft werden.
Denn: es geht um den Wirtschaftsstandort (!) Deutschland. Nur exaktes, strengen Kriterien genügendes wissenschaftliches Arbeiten ist in der Lage, den globalen Wettbewerb zu bestehen.
Das muss in allen Bereichen gelten: in der Schule, in der Fachhochschule, an der Universität, in der Forschung.

Wenn die Kanzlerin und ihre schweigende Forschungsministerin nun einen Minister im Amt lässt, der sich offensichtlich durch Fälschung und Betrug den akademischen Grad eines Doktors der Wissenschaften zu erschleichen versucht hat – dann ist künftig alles Kopieren, Abschreiben, Betrügen und Mogeln eine Bagatelle, dann kommt es künftig „nicht mehr so drauf an“.

Die Bildungs- und Wissenschaftslandschaft in Deutschland ist gut. Und die deutschen Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen haben international einen guten Ruf. Einigen Universitäten gelingt es mittlerweile sogar, international im Wettbewerb mit den besten Universitäten der Welt zu konkurrieren. Das ist aber nur möglich, wenn auf höchste Standards geachtet wird.
Die Max-Planck-Gesellschaft, die Fraunhofer-Gesellschaft, die Gemeinschaft der Helmoltz-Zentren, die Institute der Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz, die Universitäten und Fachhochschulen – sie alle brauchen exaktes wissenschaftliches Arbeiten als entscheidendes Kriterium, um im internationalen Wettbewerb überhaupt bestehen zu können.
Wer schummelt, abschreibt, kopiert und sich Ergebnisse zu erschleichen versucht, wird nicht bestehen können gegen Yale und Oxford, gegen Oulu in Finnland und die starken Hochschulen in der Schweiz.

Deshalb geht es um keine Bagatelle.
Die Entwicklung des MP3-Standards durch ein Institut der deutschen Fraunhofer-Gesellschaft ermöglicht einen Jahresumsatz von mehreren Milliarden Euro.
Es ist die Entwicklung eines Professors mit seinem Team.
Man kann an diesem Beispiel sehen, wie zentral wichtig gute Wissenschaft für den Wirtschaftsstandord Deutschland ist.
Wissenschaft und Forschung leisten einen entscheiden Beitrag zu unserem Wohlstand.

Deshalb ist Wissenschaft keine Bagatelle.

Die Kanzlerin ist aufgerufen, einen nachweislichen Betrüger aus höchsten politischen Ämtern zu entfernen. Denn er hat versucht, sich akademische Lorbeeren durch Betrug anzueignen.
Es genügt nicht, wenn der Titel aberkannt ist. Denn solange er im Amt bleibt, ist sein betrügerisches Verhalten weiter legitimiert.

Die Bundesforschungsministerin ist aufgerufen, sich entschieden, klar und unmißverständlich vor die gute Wissenschaft in Deutschland zu stellen.
Wenn sie weiter schweigt, schädigt sie den Wissenschafts- und Forschungsstandort Deutschland auf unverantwortliche Weise.

Uwe-Carsten Heye – hier ist Widerspruch nötig! Anmerkung zu einem Artikel im „vorwärts“.


Uwe-Carsten Heye schreibt im „Vorwärts“ u.a. über 20 Jahre DDR über das DDR-Bildungssystem:

„Bildungsfähigkeit – unabhängig von der Herkunft
Nur die „Stasi“ wird ewig leben, als Chiffre längst nicht nur für das ehemalige Ministerium für Staatssicherheit. Wie ein großes schwarzes Loch schluckt sie dabei alles, was sich auch positiv mit der DDR verbinden ließe und zieht wie in einem gigantischen Mahlstrom alles herunter, was das Arbeiter- und Bauernparadies auch sein wollte: der erste sozialistische Staat auf deutschem Boden. Und dazu gehörte unter anderem ein Bildungssystem, das jedem Schüler, jeder Schülerin selbstverständlich Bildungsfähigkeit zuerkannte – unabhängig von der Herkunft.“

Ich muß ihm durchaus sehr widersprechen.
Denn dieses Bildungssystem gewährte gerade nicht! unabhängig von der Herkunft „jedem Schüler, jeder Schülerin selbstverständlich Bildungsfähigkeit“.

Das DDR-Bildungssystem war zentraler Bestandteil der Diktatur.
Schon die Grundschüler sollten möglichst alle in die Pioniere, später in die FDJ.
Die Debatten um die Einführung der „vormilitärischen Ausbildung“ beschäftigten sehr viele Synoden. Hunderte von Eltern waren nicht bereit, ihre Kinder in diese Lager zu schicken. Und sie bekamen die Konsequenzen zu spüren: ihre Kinder durften kein Abitur machen. Ihnen war damit ein Hochschulstudium verwehrt.
Gerade die Eltern, die sich in christlichen Kirchen und Gemeinden engagagierten, wissen davon viele Strophen zu singen.
Es gibt kaum ein Thema, das in dieser gewaltigen Dimension die Synoden der Kirchen beschäftigt hat.
Immer wieder wurde es zum Thema, denn die Not in der Diktatur gerade in dieser Frage war sehr groß.

Wie kaum ein anderes Feld war das Bildungssystem der DDR gerade nicht vom Geist der Freiheit und Unabhängigkeit des Denkens geprägt.
Das Ziel des DDR-Bildungssystems bestand ja gerade darin, ordentliche „Staatsbürger“ im Sinne der SED zu erziehen – dies ist nachzulesen in den Dokumenten aller Parteitage der SED, die sich mit der Bildungsfrage beschäftigten.

Es ist eine üble Legende, wenn nun im „Vorwärts“ die These vorgetragen wird, das DDR-Bildungssystem habe es „jedem Schüler und jeder Schülerin unabhängig von der Herkunft“ ermöglicht, sich ausbilden zu lassen.

Ich gehöre zu denen, die trotz exzellenter schulischer Leistungen aus politischen Gründen – mein Vater war Pfarrer und wir drei Brüder waren selbstverständlich weder bei den Pionieren, noch in der FDJ, noch im Armeelager, noch bei der Armee – keine Zulassung zum staatlichen Abitur bekamen. Wir galten als „politisch unzuverlässig“.

Wir hatten zwei Möglichkeiten: wir konnten in den Westen gehen. Das hätte die SED gern gesehen, denn dann wäre sie uns los gewesen. Wir aber wollten bleiben.
Also blieb noch die Möglichkeit, an einer der drei kleinen Schulen in kirchlicher Trägerschaft (Naumburg, Potsdam-Hermannswerder, Moritzburg) ein Abitur zu erwerben (sehr solide mit Griechisch, Latein, Geschichte, Literatur, Kybernetik, Mathematik, Biologie und allem, was zu einem ordentlichen humanistischen Gymnasium gehört).

Dieses Abitur nun allerdings wurde von Margot Honecker nicht anerkannt.

Man konnte mit diesem Abitur Theologie studieren – an einer kirchlichen Hochschule selbstverständlich, oder an der Universität. Dann allerdings mit einer erneuten „Sonderreifeprüfung“.
Oder man konnte in den Westen gehen.

Doch dieser Weg schied für uns aus. Denn wir wollten bleiben.

Ich muss diesem Text von Uwe-Carsten Heye deshalb so vehement widersprechen, weil sich sonst falsche Legenden bilden.
Die Kanzlerin behauptet öffentlich unter Bezug auf ihre FDJ-Mitgliedschaft, es habe „keine andere Möglichkeit gegeben“, als Mitglied in der FDJ zu sein.

Dies ist ein Schlag ins Gesicht all der vielen hunderte von Kindern und Familien, die einen anderen Weg gegangen sind.
Meine  Biografie ist nur eine von vielen hundert.

Es gab diese andere Möglichkeit.

Und sie erforderte einen hohen Preis.
Aber wir waren bereit, diesen Preis zu zahlen.

Wir haben uns nicht angepasst. Wir sind nicht mitmarschiert. Wir waren nicht Mitglied in den Pionieren, nicht in der FDJ, nicht im Armeelager, nicht bei der Armee.
Wir sind grade geblieben.

Trotz DDR-Bildungssystem…..

Vielleicht ist ja dies etwas, das man als „positive Errungenschaft“ des DDR-Bildungssystems nun 21 Jahre nach dem Fall der Mauer erinnern könnte…..