Etwas von den „Langnasen“. Oder: über internationale Beziehungen. Oder den 22. Februar 1928


„Die Geschichte der Beziehungen zwischen Afghanistan und Deutschland muß noch geschrieben werden“ hat kürzlich ein Professor gesagt. Und der muß es wissen. Ist ja schließlich Professor.
Also: Vorsicht ist angesagt bei diesem sensiblen Thema.
Deshalb kann ich gar nicht „die Beziehungen“ darstellen. Ich kann etwas erzählen von meinen Begegnungen mit Menschen in diesem schönen Land.
Und ich kann ein paar links einfügen.

Was ich von einem guten Kenner des Landes weiß: sie nennen uns „Langnasen“.
Und im Grunde mögen sie die Deutschen.
Und die Deutschen mögen – eigentlich – die Leute vom Hindukusch.

Als König Amanullah am 22. Februar 1928 am Lehrter Bahnhof in Berlin eintraf, gaben ihm die Deutschen einen sensationellen Empfang. Die „Welt“ hat daran erinnert.
Der Hintergrund war „große Politik“: die Afghanen brauchten die Deutschen – gegen die Briten.
Dr. A. Samad Hamed hat es hier näher beschrieben.

Im Dezember 1923 wurde die erste deutsche Gesandtschaft in Kabul eröffnet.
Seit den dreißiger Jahren bis zum kommunistischen Umsturz gab es keine Regierung, in der nicht wenigstens ein Minister entweder Absolvent der deutschen „Nedjat-Oberrealschule“ gewesen war oder in Deutschland studiert hatte. Es fing also mit den Schulen an. Deshalb mögen es die Afghanen, wenn gerade die Deutschen jetzt in ihrem Lande wieder Schulen bauen…. . Die Deutschen waren seither „Modernisierungspartner“ für Afghanistan. So sagt es Dr. Samad Hamed.
Seit 1938 gab es regelmäßigen Flugverkehr zwischen Berlin und Kabul. Man flog „Lufthansa“….
1952 wurde ein afghanisches Kulturamt in München eröffnet. Zwischenzeitlich waren etliche afghanische „Staatsstipendiaten“ in Deutschland zur Ausbildung und etliche deutsche Ingenieure und Techniker in Afghanistan als „Modernisierungspartner“ eingetroffen.
1958 gab es ein neues Abkommen zwischen beiden Ländern, das die Beziehungen regelte.
Als die Russen am 29. Dezember 1979 in Afghanistan einmarschierten, war die lange Zeit guter Beziehungen zu Deutschland zunächst einmal beendet.  Die letzten deutschen Berater verließen Afghanistan 1980.
Während der russischen Besatzung gab es etliche öffentliche Veranstaltungen im Deutschen Bundestag, die die Unabhängigkeit Afghanistans und den Abzug der Russen forderten.

Viele Tausend afhganische Flüchtlinge fanden eine Zukunft in Deutschland (aktuell ca. 90.000).

Im Dezember 2001 eröffnete wieder eine deutsche Botschaft in Kabul ihr Büro, zunächst als „Deutsches Verbindungsbüro“.
Deutschland hat sich in all den Jahren sehr um gute Beziehungen bemüht, wie dieser Text mit Textausschnitten des  Auswärtigen Amtes zeigt:
Auch aktuell – während des Krieges – sind viele zivile Organisationen in Afghanistan tätig. Die Botschaft in Kabul hat davon die Übersicht.

Allerdings – seit 2001 ist der „Bündnisfall“ gegeben und Deutschland ist nun auch mit Soldaten im Lande. Anfangs überwog der „eher zivile“ Aspekt: Sanitätssoldaten, Infrastrukturentwicklung etc. Mittlerweile jedoch ist sogar die KSK, die „Sondertruppe“ der Bundeswehr auch an „Offensivhandlungen“ beteiligt.
Und das spricht sich im Lande herum.

Wie Entwicklungshelfer berichten, werden sie von Menschen angesprochen, man könne sie „nicht mehr unterscheiden“, sie mögen doch „andere Fahrzeuge“ benutzen (die Welthungerhilfe hat z.B. davon berichtet). Und die Sicherheit nicht nur der Entwicklungshelfer wird nicht besser, sie wird schlechter. Seit es sogar Angriffe auf Entwicklungshelfer gibt, ist deutlich, wie angespannt die Situation vor Ort ist.
Die Stimmung beginnt nicht erst seit heute, sich zu drehen.
Deutsche Soldaten werden zunehmend als „Teil des Westens“ wahrgenommen. Und die Stimmung in der Bevölkerung dreht sich schon seit längerem – gegen den Westen.
Nicht zufällig hat General Petraeus in seinem Brief vom Januar 2011 an die Soldaten der ISAF darauf hingewiesen, man müsse der Bevölkerung „klarmachen, daß es ihr unter der jetzigen Regierung besser gehe als unter den Taliban.“ – Ich hatte diesen Brief im blog ausführlich kommentiert. –

Die Deutschen und die Afghanen haben – eigentlich – sehr gute Beziehungen.
Aber diese guten Beziehungen sind im Moment „angeschlagen“.
Und je stärker auch Offensivkräfte wie die KSK in der nun kommenden Märzoffensive der Allianz beteiligt sein werden, je mehr Zivilisten Opfer dieses Krieges werden, um so „angeschlagener“ werden auch die deutsch-afghanischen Beziehungen sein.

Es ist vielleicht gerade jetzt hilfreich, jetzt, kurz vor der Märzoffensive, an der 300.000 Soldaten der Allianz beteiligt sein werden, darunter auch deutsche Offensivkräfte – sich an die Geschichte der Beziehungen zwischen Deutschland und Afghanistan zu erinnern.
Am besten waren diese Beziehungen, wenn deutsche Techniker, Landwirte und Verwaltungsfachleute im Lande waren, wenn Schulen gebaut wurden und wenn afghanische Gaststudenten in Deutschland eine gute Ausbildung bekamen.

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