Die AfD gibt sich gern christlich. In dieser Partei arbeiten Menschen mit, die sich für Christen halten. Ob sie das sind, darüber will ich nicht urteilen. Das steht mir auch nicht zu.
Aber ich will mich auseinandersetzen mit deren Argumenten, mit ihrem politischen Weltbild und mit ihren „theologischen“ Argumentationsmustern. Weil ich der Auffassung bin, dass insbesondere in den öffentlichen Äußerungen des „Bundesverbandes Christen in der AfD“, wie man sie beispielsweise bei facebook und auch auf diversen Homepages und in etlichen print-Publikationen findet, eine Mischung von ausländer- insbesondere islamfeindlichem politischem Gedankengut und einer schon auf den ersten Blick ziemlich verquasten „Theologie“ daherkommt, die unbedingte Auseinandersetzung erfordert, weil sie, völlig fern von jeder exegetisch exakten Erkenntnis, so ziemlich alles mit allem zusammenquirlt – um die eigene politische Ansicht zu legitimieren.
Mein persönlicher Grund, mich dieser nicht vergnügungssteuerpflichtigen Arbeit zu unterziehen, ist ein historischer: eine Theologie, die zur Legitimierung eigener politischer Auffassungen zusammengebastelt wird, stand und steht in der Gefahr, Menschen zu verführen.
Historisches Beispiel ist die Auseinandersetzung zwischen „Bekennender Kirche“ und „Deutschen Christen“ in den Jahren zwischen 1933 und 1945. Mit dieser Zeit beschäftige ich mich nun seit etwa 35 Jahren. Auch, weil ich einen Beitrag leisten will, dass sich politische Verhältnisse, wie sie in jenen Jahren herrschten, nicht wiederholen.
Ich werde deshalb hier im blog in loser Folge einzelne Texte dazu bereitstellen, mich mit einzelnen Protagonisten der „Christen in der AfD“ auseinandersetzen und mit den von ihnen vorgetragenen Argumenten – politischer und theologischer Natur. Ich tue das als Theologe und als politisch denkender Mensch.
Eins ist mir dabei besonders wichtig: es geht um unbedingte theologische Klarheit. Denn – das hat die Auseinandersetzung der „Bekennenden Kirche“ mit den „Deutschen Christen“ gezeigt – nur Klarheit hilft weiter. Ohne die Klarheit von exzellenten Theologen wie Karl Barth oder Dietrich Bonhoeffer wären in jenen Jahren noch mehr Menschen den „Deutschen Christen“ hinterher gelaufen. Es waren viel zu viele, die unter Gebeten „für Volk und Vaterland“ ihren latenten Fremden- und insbesondere Juden-Hass zum Ausdruck brachten. Und die Kirchen haben durch ihr überlanges Schweigen in jenen Jahren Schuld auf sich geladen. Deshalb bedarf es jetzt der frühen und rechtzeitigen Auseinandersetzung und Klärung. Es wäre fatal, wollte man Gruppen wie die „Christen in der AfD“ nicht ernst nehmen. Denn hier wächst eine Melange aus rechtsorientiertem politischem Denken und einer „Theologie“ heran, die nicht ohne Widerspruch bleiben darf. Wenn eine „Theologie“ dazu dient, ausländerfeindliche – im Besonderen islamfeindliche – politische Ansichten zu bemänteln, dann muss ihr widersprochen werden. Denn nichts ist gefährlicher, als wenn Politik im Gewand der „Religion“ daher kommt.
Dies ist ein erster kurzer Text zu diesem Problemkreis, eine Ankündigung gewissermaßen, erste links sind gesetzt, damit sich der Leser eine eigene Meinung bilden kann. Man wird weitere Texte hier im blog künftig unter einer eigenen Kategorie „Christen in der AfD“ finden.
Sehr geehrter Herr Kasparik,
endlich lese ich mal eine Aussage zum Thema „Christen“ und „AfD“.
Als ich heute wiederholt auf Facebook sah, wie der Inhaber eines Dresdner Verlages (ich nenne bewusst keine Namen, da ich grundsätzlich gegen Diffamierungen bin) vehement und gehäuft tendenziell rechtsorientierte Beiträge und AfD-Parolen postet und in diesen auch diverse menschenverachtende Kommentare duldet; dabei aber weiß, dass es sich bei dem Mann um einen Katholiken handelt, dann kann ich nicht leugnen, einer gewissen Resignation zu unterliegen. Als genau dieser Herr heute erst einen Beitrag von Ihnen teilte, war ich versucht, ihn zu fragen, ob er sich eigentlich darüber im Klaren ist, welch absurdes Verhalten er tagtäglich als Christ an den Tag legt. Manchmal habe ich den Eindruck, er weiß nicht so recht, auf welche „Seite“ er sich stellen soll. Darauf deuten seine widersprüchlichen Beiträge hin. Dabei glaubte ich immer, ein Christ müsste wissen, auf welcher Seite er steht ….
Grundsätzlich bin ich gegen jegliche Beleidigungen. Können Sie mir raten, wie ich mit diesem Mann umzugehen habe? Er ist selbst verbal in keiner Weise aggressiv und vom Intellekt her durchaus imstande, differenzierte Betrachtungen vorzunehmen.
Auf Ihre weiteren Beiträge zu diesem Thema freue ich mich und erhoffe mir eine Antwort, die mir ggf. – zumindest im Ansatz – weiterhelfen kann.
Mit freundlichen Grüßen
Sylvia Kling
Liebe Frau Kling, danke für Ihre Reaktion. ich habe ja angekündigt, dass ich hier im blog nach und nach Texte zur Verfügung stelle, die sich anhand konkreter vorliegender Texte mit den „Christen in der AfD“ auseinandersetzen. Vielleicht wird Ihnen dabei die eine oder andre Textanalyse für ein Gespräch hilfreich sein. Ich rate im Umgang mit Gesprächspartner immer zu einer möglichst präzisen Unterscheidung von „Person“ und „Sache“. Das heißt konkret: Achtung der Person, aber scharfe Auseinandersetzung in der Sache. Weshalb man im Ton freundlich bleiben aber dennoch klar sein kann. Letztlich muss natürlich jeder für sich entscheiden, wie lange er solche Gespräche führen möchte, denn sie kosten ja auch Energie und Lebenszeit.
Sehr geehrter Herr Kasparik,
vielen Dank für Ihre Antwort. So hatte ich es in der Vergangenheit gehandhabt. So bleibe ich gespannt auf Ihre weiteren Beiträge zum Thema.
„Letztlich muss natürlich jeder für sich entscheiden, wie lange er solche Gespräche führen möchte, denn sie kosten ja auch Energie und Lebenszeit.“ Genau dieser Aspekt bewegte mich seit meiner Wiederanmeldung auf Facebook, keine Energie mehr in eine offenbar fruchtlose Diskussion zu investieren. Dennoch interessiert mich, was diese Menschen dazu bewegt, mit den Ansichten rechtsorientierten Parteien konform zu gehen.
Ich denke, es wird für uns alle eine primäre Aufgabe bleiben, aufmerksam und wachsam zu bleiben.
Mit freundlichen Grüßen
Sylvia Kling