Die veröffentlichte Rede über den Klimawandel strotzt nur so von unklaren Begriffen. Unklare Begriffe aber führen zu unklarem Denken. Und am Ende kommt nicht selten ein Streit heraus, bei dem es um die abstruse Frage geht, ob man „an den Klimawandel glaubt“ oder nicht.
Deshalb will ich einen bescheidenen Beitrag zur begrifflichen Klärung beisteuern.
1. Klimawandel.
Das Klima wandelt sich, seit es diese Erde gibt.
Die Frage ist also nicht, ob sich das Klima wandelt.
Die wichtige Frage ist, ob und wenn ja, welchen Einfluss „der Mensch“ (gemeint ist die Summe der Folgen menschlichen Handelns) auf den Wandel des Klimas hat und welche Folgen dieser vom Menschen beeinflusste Wandel auf das Gesamtsystem Erde und damit auf den Menschen selbst hat.
Die internationale Klimawissenschaft ist sich sicher:
die großen Abweichungen im Verhalten des Weltklimas im Vergleich zu vorherigen Abweichungen lassen sich nicht aus nur rein natürlichem Verhalten des Erdsystems erklären.
Diese beobachtbaren Abweichungen im Verhalten des Weltklimas lassen sich nur dann erklären, wenn man den Einfluss des Menschen berücksichtigt.
Und da eben zeigt sich, dass der Einfluss des Menschen auf das Weltklima erheblich ist.
Die von der Klimawissenschaft zunehmend präziser bereitgestellten Modelle des Weltklimas versuchen gegenwärtig, immer genauer diesen Einfluss des Menschen aus den gewaltigen Datenmengen, die von den weltweiten Meßsystemen bereitgestellt werden, herauszufiltern und genauer zu bestimmen. Das ist wissenschaftlich überaus anspruchsvoll, erfordert die stärksten Rechner und gelingt nur im internationalen Verbund. Wer sich in diese faszinierende Disziplin einarbeiten möchte, kann mit dem Deutschen Klimarechenzentrum Kontakt aufnehmen.
2. „Klimaschützer. Klimaschutz“
Man kann das Weltklima nicht „schützen“, weil wir als Menschen nur Teil des Gesamsystems Erde sind. Deshalb sind die Wörter „Klimaschützer“ oder „Klimaschutz“ eigentlich Schimären.
Was also meinen diese Worte eigentlich, wenn man „das Klima“ gar nicht „schützen“ kann?
Sie meinen,
a) dass sich „der Mensch“ auf die Folgen des beschleunigten Wandels des Klimas vorbereiten (dazu hat sich in den vergangenen Jahren die relativ junge Disziplin der Klimafolgenforschung etabliert; beispielhaft am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) und
b) seinen Beitrag zum beschleunigten Wandel des Klimas möglichst reduzieren muss. Hierbei geht es vor allem um die Auswirkungen der menschlichen Nutzung von fossilen Energien. Die Stichworte heißen „Energiewende“, „Erneuerbare Energien“ etc.
Nun haben sich diese unklaren Worte „Klimaschutz“ und „Klimaschützer“ leider schon so sehr eingeschliffen, dass wir wohl mit ihnen als Krücken werden leben müssen. Wichtig ist aber, das man ihre begriffliche Unklarheit klar vor Augen hat, sonst gibt’s argumentatives Durcheinander.
3. an besonderen Ereignissen (Starkregen, Flutkatastrophen, Trockenheiten etc.) sei „der Klimawandel schuld“
Der Klimawandel ist an gar nix „schuld“, denn Schuld ist eine ethische Kategorie.
Die Frage ist also präziser, ob besondere Ereignisse (Starkregen etc.) die Folgen des durch den Menschen verursachten schnelleren Klimawandels sind.
Dies ist im Einzelfall nur äußerst schwer nachzuweisen. Weiter oben ist ja auf die Schwierigkeit hingewiesen worden, aus den weltweit gesammelten Messdaten exakt den „Anteil des Menschen“ herauszufiltern.
Allerdings zeigt sich in der Gesamtschau, dass der Einfluss des Menschen und die Wirkungen seines Handelns auf das Weltklima und die daraus entstehenden Folgen, dass die enormen Veränderungen, die gegenwärtig beobachtet werden, auf sein Handeln zurückgeführt werden müssen, weil sie anders gar nicht erklärbar sind.
Sofern man überhaupt ethische Kategorien verwenden will, ist also nicht die Frage, ob „der Klimawandel schuld“ ist, sondern, ob „der Mensch schuld“ ist.
4. „den Klimawandel stoppen“
Das kann niemand. Denn Klimawandel findet statt, seit es die Erde gibt.
Deshalb sind auch Sprüche wie „wir retten das Weltklima“ weitgehend sinnfrei.
Was also ist eigentlich gemeint?
Es geht um die Frage, was getan werden muss, damit die Folgen des durch menschliche Aktivität beeinflussten beschleunigten Klimawandels möglichst vermieden oder zumindest reduziert werden.
Ich gehöre zu denjenigen, die es für aussichtlos halten, den menschlichen Anteil an der Beschleunigung des Klimawandels zu stoppen. Dazu sind die Entwicklungen schon viel zu weit fortgeschritten und die Wissenschaft hat an zahlreichen Beispielen aufgezeigt, dass nicht wenige sogenannte Kipp-Punkte (tipping points) in den natürlichen Kreisläufen bereits überschritten, das bedeutet, unumkehrbar geschädigt sind. Was in dem Zusammenhang gern übersehen wird: Das CO2 (Kohlendioxid) hat einen Kreislauf von etwa 200 Jahren, bis es am Meeresboden eingelagert wird. Selbst wenn man alle menschenverursachten Emissionen sofort anhalten würde, würde sich das Klimasystem dennoch beschleunigt verändern.
Deshalb geht es vor allem um die Frage, ob man die Folgen des menschenverursachten Klimawandels wenigstens begrenzen kann und was dafür erforderlich ist.
Die Weltgemeinschaft hat sich in Paris darauf verständigt, den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur bis Ende des Jahrhunderts auf 2 Grad zu begrenzen. Denn ein weiterer Anstieg würde zu katastrophalen Veränderungen führen.
Ob dieses anspruchsvolle Ziel tatsächlich erreicht wird, ist offen, denn im Moment steigen die aus menschlicher Aktivität verursachten Emissionen nach wie vor weiter kräftig an.
Es gibt sogar Versuche, den Anstieg der Durchschnittstemperatur auf 1,5 Grad zu begrenzen. Das allerdings halte ich persönlich für noch unwahrscheinlicher, weil ein Anstieg um 1,2 Grad bereits erreicht ist.
Viele Klimawissenschaftler und auch nicht wenige Klimapolitiker äußern deshalb zunehmend öffentlich, dass ein Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur um 3 Grad und mehr (bis zu 6 oder gar 11 Grad!) nicht unwahrscheinlich ist. Wenn nicht massiv und unter höchster politischer Priorität gegengesteuert wird.
Bei allem ist eines sicher, das sagen uns die an der Klimaforschung beteiligten Disziplinen, die Physiker, Chemiker, Biologen, Geologen, Soziologen etc. :
die Folgen der dramatischen Beschleunigung des Klimawandels, verursacht durch menschliche Aktivität (insbesondere die Nutzung der fossilen Energien) werden gewaltig und extrem teuer sein.
Und je länger die Menschheit zögert, diskutiert, nicht entscheidet – um so gewaltiger und teurer werden sie sein. Wer diese Zusammenhänge aus der Sicht des langjährigen Direktors des Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung nachlesen will, der lese sein Buch „Selbstverbrennung„.