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Eine unscheinbare Schönheit mit viel Erfahrung: die rosa gallica officinalis

Seit etwa 1310 wird sie in Europa kultiviert. Nicht im „Schaugarten“, sondern in der „medizinischen Abteilung“ des Klostergartens.
Genau das fasziniert mich.
Und ich fange an, mehr über diese unscheinbare Schönheit zu recherchieren.
Denn der Internet-Rosengarten in Hetzdorf (Uckermark) ist in der zweiten Phase seiner Entwicklung: Angelegt wurde der Garten vor zweieinhalb Jahren. Über 2.000 Menschen haben ihn schon besucht. Die Resonanz in Fernsehen, Rundfunk und print war die erste große Überraschung, die der Garten bereit hielt.
Etwa 32.000 Menschen in 23 Ländern kennen unser Projekt mittlerweile. Das Internet machts möglich.
Nun ist die Phase 1, der Aufbau des Gartens, abgeschlossen.
Die Phase 2 beginnt:
Wir denken über Vermehrung unserer Pflanzen nach und über Produktentwicklung.
Die Frage ist: was wussten die Altvorderen von dieser Pflanze? Welche Produkte sind aus dieser „Apotheke des Mittelalters“ gewinnbar? Mit was für einer Technologie haben die Alten gearbeitet? Verbergen sich gar dringend benötigte Arbeitsplätze in dieser scheinbar unscheinbaren Pflanze?
Es ist damit zu rechnen, dass die Recherche Interessantes zu Tage fördert, denn diese „Mutter der einheimischen Rosen“ wurde über viele Jahrhunderte genutzt. Menschen haben sich seit langer Zeit mit dieser besonderen Rose beschäftigt. Zahlreich sind die „Produkte“, die man aus ihr gewonnen hat. Da sind Schätze zu heben.
Angefangen vom „Rosenessig“, über das „Rosenwasser“ bis hin zum „Rosenöl“ – letzteres ist jedoch in der Herstellung überaus aufwändig.
Man nutzte die Blätter der Blüte ihrer zusammenziehenden (adstringierenden) Wirkung wegen gegen allerlei Krankheiten. Dazu wurden Tees bereitet, man stellte Salben her, verwendete sie für Kompressen.
Aber man nutzte sie auch zur Herstellung von edlen Speisen, veredelte den Wein damit, würzte warme und kalte Speisen, bereitete Marmeladen und Konfitüren, stellte Liköre her – das Rosenwasser machte es möglich.
Bei der Recherche stoße ich auf Landschaften im Orient, in denen Dörfer liegen, die alle von der Rose leben – Arbeitsplätze also enthält die Rose auch. Manuelle Arbeit. Handarbeit. Dringend benötigte Arbeit in Zeiten von Automatisierung und Massenfertigung.
Die Kunst der Nutzung dieser alten Pflanze besteht in der Veredelung. Der Duft allein ist schön. Aber regelrecht spannend wird es, wenn man sich fragt, was sie noch an altem Wissen in sich trägt.

Wir beginnen mit einer einfachen Herstellung eines Hydrolats: Rosenwasser.
Im Internet bin ich fündig geworden und habe diese einfache Herstellungsweise aus Bulgarien gefunden. Je einfacher, je besser.
Dieses hier gezeigte unscheinbare Gefäß ist der Beginn von mehr. Denn mit Rosenwasser lassen sich zahlreiche weitere Produkte herstellen: Essenzen, Seifen, Gebäck, Parfüms.
Wir sammeln gerade alte Rezepte, für die man Rosenwasser benötigt. Ein altes Rezept aus der Klosterküche von 1720 zur Herstellung von Gebäck klingt interessant. Wir werden es ausprobieren.
Eine Grundregel wird unsere Arbeit leiten: wir verwenden keine Chemie und wir probieren alles selber aus. Nur, was von uns selbst geprüft und für brauchbar befunden wurde, geben wir weiter.
Es ist eine überaus spannende Phase, in die unser Garten-Projekt nun eintritt. Wir gehen diesen Weg als Lernende, die bereit sind, sich um altes Wissen zu bemühen, offen für Überraschungen.
Der Garten hatte schon so viele Überraschungen für uns bereit. Wir sind gespannt, wohin er uns noch führen wird.
Als Milow aufgesiedelt wurde. Ein Beitrag zur Regionalgeschichte
Als Milow aufgesiedelt wurde
Die Agrarpolitik unter Hitler im Jahr 1934
Seit dem September 1933 wurde die Agrarpolitik in Deutschland fundamental neu geregelt. Die nationalsozialistische Agrar- und Siedlungspolitik ist wissenschaftlich sowohl in ihrer Entstehung (lange vor Machtergreifung Hitlers!) als auch in ihren Folgen sehr gut untersucht und dokumentiert.[1] Sie stand im Zentrum der NS-Rassen-Ideologie und wurde insbesondere durch den „Reichsnährstand“ und die SS Heinrich Himmlers durchgesetzt.
Maßgeblich für diese Neuausrichtung der Agrarpolitik war R.Walther Darré, „der sich zwischen 1930 und 1933 als Organisator des „agrarpolitischen Apparates“ der NSDAP große Verdienste um die Sammlung bäuerlicher Protestwähler hinter der Hakenkreuzfahne Adolf Hitlers erworben hatte.“[2] Darré „wollte eine rassische Erneuerung des deutschen Volkes vom Lande her. Agrarpolitik war für ihn angewandte Rassenkunde.“[3] Darré war Ende Juni 1933 als „Reichsbauernführer“, als Mitglied der NSDAP und der SS auch Nachfolger Hugenbergs als „Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft“ geworden, konzentrierte also alle Macht in Fragen der Agrar- und Siedlungspolitik in seiner Hand. Er war unmittelbarer Vertrauter Hitlers in agrarpolitischen Fragen.
Darré und Hitler hatten sich am 10. Mai 1930 kennen gelernt. Darré wurde nach dieser Begegnung schon am 1. Juni 1930 zunächst „landwirtschaftlicher Berater“ der NSDAP und begann sofort, die Bauernschaft straff im Sinne der NSDAP zu organisieren.[4] Darré hatte in München frühen Kontakt zu Heinrich Himmler, der wie Darré Landwirtschaft studiert hatte.
Himmlers „Schutz-Staffel“ (SS) schien sich als „Orden deutscher nordisch-bestimmter Männer“ vorzüglich für Darrés völkische Aufzuchtpläne zu eignen. Um aus dem „Männerorden“ eine „Sippengemeinschaft“ zu machen, wurde schon Ende 1931 das „Rasseamt“ der SS gegründet. Zu den beiden bisherigen Merkmalen der SS – Treue zum „Führer“ und Sicherheitsaufgaben in Partei und Staat – kam nun unter dem Einfluß Darrés eine dritte Komponente hinzu: rassische Auslese in Verbindung mit ländlicher Siedlung.[5]
Das „Rasseamt“ der SS war eines der ältesten Ämter der Nationalsozialisten und zentral für die Siedlungsfragen zuständig.
Für Darré und die NSDAP ging es darum, das „Bauerntum“ zum „Lebensquell der Nordischen Rasse“ werden zu lassen. Dem sollten insbesondere neue, von der SS gesteuerte Siedlungen dienen, die man „im Osten in großen Siedlungsverbünden als Wall gegen die Slawen“ ansetzen wollte.[6] Dabei kam es Darré darauf an, den „Boden“ als „einen Teil des Blutsgedankens“ zu verstehen mit der Verpflichtung zur „Geschlechterfolge“ im Sinne rassischer „Aufnordnung“. Die neuen, von der SS gesteuerten Siedlungen[7] sollten „Erneuerungs-Quell“ der „nordischen Rasse“ werden.[8]
Darré hatte Erfolg.
Die von ihm zwischen 1930 und 33 aufgezogene Propaganda und immense Organisationsarbeit bis in die kleinsten Dörfer hinein[9], die insbesondere das Ziel hatte, die ländlichen Bevölkerungsschichten für Hitler zu gewinnen, zeigte Wirkung, wie man an den Wahlergebnissen für die NSDAP 1932 ablesen kann: die NSDAP-Ergebnisse lagen 1932 in nicht wenigen ländlichen Gebieten bis zu 28% über dem gesamtdeutschen Durchschnitt.
Darré sicherte mit seiner Propaganda- und Organisationsarbeit auf dem Lande Hitler den Wahlsieg.
Darré kam 1949 vor das Nürnberger Militärtribunal und wurde im „Wilhelmstraßen-Prozeß“ zu sieben Jahren Haft verurteilt, allerdings schon 1950 vorzeitig aus der Haft entlassen. Er starb 1953 an Leberzirrhose.[10]
Der „Reichsnährstand“ als gewaltiges Syndikat mit 17 Millionen Mitgliedern
Darré war nicht nur agrarpolitischer Chefideologe der NSDAP, er war vor allem ein energischer und systematischer Organisator. Von oberster Reichs-Ebene bis ins kleinste Dorf hatte er innerhalb von nur drei Jahren einen ungemein schlagkräftigen „agrarpolitischen Apparat“ geschaffen, mit dem er die „Blut und Boden Ideologie“ konkret umsetzte.
Darré stand schon seit dem 29. Mai 1933 als „Reichsbauernführer“ an der Spitze sowohl der Verbände als auch der Genossenschaften und des Kammerwesens. Die Funktionäre seines „agrarpolitischen Apparates“ der NSDAP erreichten auf Landes-, Kreis- und Ortsebene gleiche Erfolge.
Als Darré am 29. Juni 1933 auch noch Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft wurde, wurde aus dem bisherigen „Landstand“ der „Nährstand“.
Mit dem Gesetz „über den vorläufigen Aufbau des Reichsnährstandes und Maßnahmen zur Markt- und Preisregelung landwirtschaftlicher Erzeugnisse“ vom 13. September 1933 wurde in Deutschland unter dem populären Schlagwort „Selbstverwaltung“ ein gewaltiges Bauernsyndikat geschaffen, in dem zwangsweise 17 Millionen Menschen vereinigt waren. Ihm gehörten nicht nur die Bauern und Landwirte an, sondern alle Nahrungsmittelerzeuger, aber auch alle Nahrungsmittelbe- und –verarbeiter, einschließlich aller im Handel mit Agrarprodukten und in der gesamten Nahrungsmittelindustrie Beschäftigten. Der „Reichnährstand“ umfaßte neben Forstwirtschaft und Gartenbau alle ernährungswirtschaftlichen Bereiche, vom Getreide bis zum Puddingpulver, von Fleisch und Fisch bis Öl und Margarine, Kartoffelstärke und Alkohol, von Käse und Bier bis Senf und Essig.[11]
Der „Reichsnährstand“ übte staatliche Hoheitsbefugnisse aus, d.h. er hatte den Charakter einer staatlichen Behörde, die – etwa bei Ordnungsstrafen – die Polizei für ihre Maßnahmen in Anspruch nehmen konnte. Der Reichsnährstand war, weil er Aufgaben staatlicher Wirtschaftslenkung übernahm, Werkzeug des Staates. Aus der Sicht Darrés geschah dies selbstverständlich primär zur „Erhaltung des Bauerntums als Blutquelle des Volkes“.[12]
Die Siedlungspolitik
Mit diesem gewaltigen „agrarpolitischen Apparat“ der NSDAP in Verbindung mit der SS als Werkzeug ging Darré daran, eine „neue Siedlungspolitik“ umzusetzen, deren Ziel die „Erhaltung der Nordischen Rasse“ war. Schon am 20. Juli 1933 meinte er in einem Interview, ein „Reichsrahmengesetz für das Erbhofrecht“ sei notwendig, denn ohne ein solches Gesetz sei „der biologische Bestand des deutschen Blutes“ nicht zu erhalten.[13] Schon im Frühjahr 1933 war es Darré gelungen, den preußischen Justizminister Hanns Kerrl (NSDAP-Mitglied) für sein Anliegen zu gewinnen. Eine Arbeitsgruppe, der die Agrarpolitiker Backe und Willikens sowie die Juristen Freisler und Wagemann angehörten, bereitete ein Gesetz vor, das unter Umgehung Hugenbergs und des preußischen Landwirtschaftsministeriums am 15. Mai 1933 in Kraft trat. Es begann mit dem programmatischen Satz: „Die unlösbare Verbundenheit von Blut und Boden ist die unerläßliche Voraussetzung für das gesunde Leben eines Volkes.“[14] Wer als „Bauer“ Eigentümer eines Erbhofes war, musste nachweisen, daß er „deutscher Staatsbürger und deutschen oder stammesgleichen Blutes“ war. Dieser Nachweis war rückwirkend bis zum Jahre 1800 zu erbringen.
Dieses Reichserbhofgesetz wurde mit beispielloser Hektik beraten und in Kraft gesetzt, ohne daß die Länder informiert oder gar konsultiert worden wären. Es sollte von Hitler persönlich am 1. Oktober 1933, dem Erntedanktag, vor 500.000 Bauern verkündet werden.
Nur ein „ehrbarer“ Bauer durfte einen Erbhof besitzen.
Der Begriff „Ehrbarkeit“ implizierte auch, dass eine Bauersfrau weder jüdischen noch „farbigen Blutes“ sein durfte. Kinder aus der Ehe eines Bauern mit einer nicht „reinrassigen“ Frau waren selbstverständlich nicht anerbenberechtigt. Lange vor den Nürnberger Gesetzen von 1935 und der „Entjudung des deutschen Bodens“ durch die Arisierungsverordnung von 1938 schürte das Reichserbhofgesetz den Antisemitismus auf dem Lande.
Dass das „Reichserbhofgesetz“ als Rassengesetz zu verstehen war, erläuterte Minister Darré in einem „agrarpolitischen Aufsatz“ unter dem Titel „Unser Weg“ in der Zeitschrift ODAL.; 2. Jg. 1933/34, Heft 10:
„Die wesentlichen Punkte dieses Gesetzes sind:
1. Das Bauerntum wird anerkannt als und bestimmt zur Blutsquelle des deutschen Volkes.
2. Bauerntum ist eine Sache des Blutes geworden und nicht mehr eine Berufsbezeichnung, ist also eine Angelegenheit der weltanschaulichen Haltung zum Boden.
3. Bauerntum ist Dienst an der Sippe und am Volk.
4. Die wirtschaftlichen Voraussetzungen des Bauerntums bildet die Ackernahrung, d.h. die Möglichkeit, auf dem Hof die Sippe gegebenenfalls aus wirtschaftseigener Kraft un d Mitteln zu erhalten, wenn die Marktverhältnisse außerhalb des Hofes einmal versagen sollten. Es ist also die Möglichkeiten geschaffen, eine Sippe zu erhalten, auch bei Wirtschaftszusammenbrüchen, Marktstörungen usw., wie sie ja die Geschichte jedem Volk in jedem Jahrhundert zumutet.
5. Bauerntum ist wieder eine Angelegenheit der Zucht geworden, da Abstammungsnachweis die Voraussetzung der Bauernfähigkeit geworden ist; mithin muß auch die Ehe wieder mit Berücksichtigung der Abstammung der Frau geschlossen werden, weil sonst die Gefahr besteht, daß eine in ihrem Blut ungeeignete Frau – jüdischer Mischung zum Beispiel! – einen nichtbauernfähigen Sohn gebiert, und dieser dann nicht „Bauer“ werden kann.
6. Der Begriff der Ehre ist wieder eingeschaltet, und zwar im Zusammenklang mit dem Blut.“[15]
Allerdings gab es gegen das Gesetz ziemlich heftigen Widerstand auf dem Lande, nicht, weil es rassisch und antijüdisch war, sondern weil das Gesetz in das Selbstbestimmungsrecht (insbesondere das Erbrecht) der Erbhofbauern eingriff. Mitte 1936 gab es 116.000 Einsprüche (= 16%) gegen die insgesamt 718.000 Eintragungen in die Erbhofrolle.
War das eigentliche Ziel des „Reichserbhofgesetzes“, den Stand des „Bauern“ als „Quelle des Volkes zur Aufnordnung“ zu stärken, so verstand Darré die neuen Bauernsiedlungen als „Neubildung deutschen Bauerntums“ mit dem erklärten Ziel der „Blutpflege“.
Für die Anwärter auf eine Siedlerstelle galten deshalb strenge Auswahlkriterien:
„Erlaß des Reichsministers für Ernährung und Landwirtschaft vom 18. Januar 1934:
Damit das durch die Neubildung deutschen Bauerntums angestrebte Ziel der Verbundenheit von Blut und Boden erreicht wird, sind bei der Auswahl und Vermittlung der neuen Bauern und Landwirte in Zukunft folgende Gesichtspunkte zu beachten:
1. Für den Erwerb neugeschaffener Bauernstellen und bäuerlicher Kleinbetriebe kommen nur Personen in Frage, deren landwirtschaftliche Fähigkeiten ausreichend sind, die von ihnen gewünschten Stellen selbst mit ihren Familienangehörigen ordnungsmäßig zu bewirtschaften. (…)
2. Es können nur solche Bewerber zugelassen werden, welche die im Interesse ihrer Familie und des Volksganzen notwendigen gesunden Erbanlagen besitzen. Die Erbgesundheit ist durch ein amtsärztliches Zeugnis[16] nachzuweisen. (…)
3. Es dürfen nur Personen angesetzt werden, welche gemäß § 13 des Reichserbhofgesetzes vom 29. September 1933 deutschen oder stammesgleichen Blutes sind. (…)[17]
4. Bewerber, bei denen zu befürchten ist, daß sie wegen ihrer Charaktereigenschaften Unfrieden in die neue Kolonie hineintragen, sind abzulehnen. (…)
5. Voraussetzung für den Erwerb einer neuen Stelle ist ferner, daß der Bewerber verheiratet oder jedenfalls verlobt ist, so daß seine Eheschließung in absehbarer Zeit mit Bestimmtheit zu erwarten ist. Seine Ehefrau bzw. Braut müssen den Anforderungen entsprechen, die gemäß Ziffer 1-4 an den Bewerber selbst gestellt werden.“[18]
Dass die Bewerber um eine Neusiedlerstelle besondere „Anforderungen“ erfüllen mussten, geht auch aus einem Brief hervor, den Dr. Kurt Kummer, Sachbearbeiter für Siedlungsfragen im Reichsernährungsministerium an Landesbauernführer Giesecke (Braunschweig) am 12. Juni 1934 geschrieben hat:
„Ich nehme an, dass erst Jungbauern als Bewerber auftreten können, wenn sie mindestens 25 Jahre als sind (…), wenn weiterhin die Betreffenden sich als tüchtige Wirtschafter erwiesen haben – nicht allein auf dem väterlichen Hof – und wenn sie in irgend einer Form erkennen lassen, dass sie ausser den reinen Bauernhofinteressen auch die mit der Neubildung deutschen Bauerntums untrennbar verknüpften allgemeinen national- und bevölkerungspolitischen Aufgaben verstehen. Nur solchen Jungbauern können wir den an und für sich knappen Landvorrat anvertrauen.
Wie ich schon immer betonte, ist die Neubildung deutschen Bauerntums nicht eine Angelegenheit zur Unterbringung des bäuerlichen Nachwuchses, den die Steuergemeinschaft des Volkes bezahlt; das Reich kann erst die Steuermittel zur Verfügung stellen, wenn damit auch eine allgemeine in der Reichspolitik liegende Aufgabe gelöst wird. Daher fordern wir, dass nicht allzu alte Bewerber mindestens in der SA, SS oder in sonstigen Verbänden bzw. Reichswehr Dienst getan haben.
(…) Wir haben in diesem Frühjahr den Versuch gemacht, aus allen Landesbauernschaften 1800 Bewerber herauszusuchen, die zunächst durch die Reichswehr gehen und dann östlich der Elbe einschl. Mecklenburg und Holstein angesiedelt werden sollten. Trotz der Anstrengung der Landesbauernschaften ist es nicht gelungen, aus dem ganzen Reichsgebiet 1800 Jungbauern mit Hilfe des Reichsnährstandes zur Verfügung zu stellen. Ein Teil der Jungbauern war völlig ungeeignet, ein Teil kehrte um, als er erfuhr, dass er Soldat spielen sollte, andere waren angeblich unabkömmlich und so ist es mit Not und Mühe gelungen, etwa 1100 herauszufinden (….)
Ich glaube, wir werden auf der ganzen Linie dahin kommen, dass wir den Jungbauern nicht mehr ohne weiteres Höfe zur Verfügung stellen, sondern mehr und mehr an der Forderung festhalten, dass wir zunächst einmal Leistungen sehen wollen. Wer lediglich auf dem väterlichen Hofe alt geworden ist, zeigt noch nicht, dass er aus dem Holz geschnitzt ist, wie wir ihn zur Aufbauarbeit an dem Siedlungswerk brauchen.
Auch aus rassischen Gesichtspunkten werden wir immer wieder verstärkt auf den niedersächsischen Bauern zurückgreifen.“[19]
Am 1. Juni 1935 konkretisiert der „Reichsminister für Ernährung Landwirtschaft“ in einem Erlass die „Richtlinien für die Neubildung deutschen Bauerntums“:
I Das Ziel.
Die zielbewußte Stärkung und Mehrung des Bauerntums als Bluts- und Lebensquell des deutschen Volkes ist zur Wiedergesundung Deutschlands auf der Grundlage seines Bauerntums, zur Sicherung seiner Nahrungsfreiheit und zur Verwurzelung seiner bäuerlichen Bevölkerung mit der Scholle eine unabweisbare Notwendigkeit.
Dies ist die Aufgabe der „Neubildung deutschen Bauerntums“.
Diese Aufgabe ist zur Sache des Reiches erklärt.
Das Ziel ist insbesondere die Schaffung neuer Erbhöfe. Daneben sollen bestehende landwirtschaftliche Kleinbetriebe durch Landzulage erweitert und bis auf die Größe gebracht werden, die ausreicht, auch einer kinderreichen Familie eine dauernd sichere Lebensgrundlage zu geben.
Die zur Durchführung der Bauernsiedlung aus Mitteln der Allgemeinheit bereitgestellten Reichskredite[20] verpflichten alle mit der Neubildung deutschen Bauerntums betrauten Stellen gegenüber der Volksgemeinschaft, darüber zu wachen, daß mit diesen Mitteln zum allgemeinen Nutzen ein guter und dauernder Erfolg erzielt wird.
II. Der Mensch
Bei der Neubildung deutschen Bauerntums auf rassischer Grundlage können nur die Besten aus der Zahl der Bewerber berücksichtigt werden. Nur die blutsmäßig Besten sollen mit dem Boden verwurzelt werden, die die Gewähr dafür bieten, daß ihr Geschlecht die Scholle Jahrhunderte hindurch treu bebauen und gegen alle Angriffe verteidigen kann und will. In erster Linie ist die bäuerliche Bevölkerung zu berücksichtigen, insbesondere die nicht erbfolgeberechtigten Söhne der Erbhofbauern, die Landarbeiter, die Gutsangestellten und die ländlichen Handwerker. In allen Fällen ist Erbtüchtigkeit sowie rassische[21], erbgesundheitliche[22] und berufliche Eignung grundsätzliche Voraussetzung für die Ansetzung.
Zur Erreichung einer zweckmäßigen Bevölkerungsverteilung im Reiche sind im allgemeinen mindestens ein Viertel der östlich der Elbe zu begründenden Stellen solchen Bewerbern vorzubehalten, die aus den dichtbesiedelten westlichen und südlichen Teilen Deutschlands stammen. Diese sog. West-Ost-Siedler sind in stärkeren, landsmannschaftlich geschlossenen Gruppen anzusetzen[23]. Dabei müssen die Stammeseigenschaften der im Besiedlungsgebiet ansässigen Bevölkerung vornehmlich berücksichtigt werden.
Die Auswahl der Bewerber und ihre Vermittlung liegt in den Händen des Reichsnährstandes, für den die Richtlinien des Reichs- und Preußischen Ministers für Ernährung und Landwirtschaft maßgebend sind. Durch strenge Auslese der Bewerber[24] wird Gewähr dafür geboten, daß niemand lediglich seines Vorteils willen die Hilfe der Allgemeinheit ausnutzt.
III Der Boden
Das zur Neubildung deutschen Bauerntums benötigte Land soll in erster Linie in denjenigen Reichsgebieten erworben[25] werden, in denen eine Vermehrung der bäuerlichen Bevölkerung besonders dringlich ist. Das ist vor allem in den dünnbevölkerten Gebieten und namentlich da erforderlich, wo infolge der Nähe der Reichsgrenze eine größere Bevölkerungsdichte eine Lebensnotwendigkeit für das deutsche Volk ist. Damit erstreckt sich die Neubildung deutschen Bauerntums vornehmlich auf den Raum östlich der Elbe[26] sowie auf die dünnbevölkerten Gebiete Nordwestdeutschlands und der bayrischen Ostmark. Darüber hinaus sind auch im übrigen Reichsgebiet alle gegebenen Möglichkeiten der Landbeschaffung auszunutzen. Sie ergeben sich u.a. aus Bodenverbesserung, Flurbereinigung, Urbarmachung von Öd- und Moorland, sowie aus den Landgewinnungsarbeiten in den Küstengebieten Deutschlands.“[27]
Die skizierte „neue“ Siedlungspolitik der Nationalsozialisten war, wie wir gesehen haben, von Anfang an erklärtes Ziel sowohl der NSDAP wie auch der SS. Schon in den Jahren 1930 bis 33 wurde die Bauernschaft straff organisiert und zentralisiert. Dieser „agrarpolitische Apparat“, aus dem später der „Reichsnährstand“ wurde, gehörte zu den mächtigsten Mehrheitsbeschaffern für Hitler. Ziel aller Maßnahmen war die „Neugründung des deutschen Bauerntums“, um die „nordische Rasse“ zu erhalten.
Allerdings geriet der „Reichsnährstand“, der bis ins kleinste Dorf hinein straff organisiert war, ab 1935 zunehmend unter den Einfluss der Kriegsvorbereitungen und hatte sich deren Erfordernissen zu unterwerfen. Ernten wurden zu „Ernteschlachten“ (seit der katastrophal schlechten Ernte 1934), die Bauern hatten an der „Heimatfront“ mit guten Ergebnissen zu „dienen“.
Mit dem Überfall auf Polen und Russland wurden die anfangs als „Binnenkolonisierung“ begonnenen Siedlungsaktivitäten dann im großen Stil in den „Ostgebieten“ umgesetzt. Maßgeblich daran beteiligt war, wie schon von Anfang an, die SS.
Die Geschichte der Aufsiedlung uckermärkischer Dörfer ist insofern interessant, als es durch die Jahrhunderte immer wieder Versuche gegeben hat, gegen Landflucht und „Bauernsterben“ vorzugehen und es lohnt sich sehr, unter Bezug auf die Jahre 1933-45 noch weiter ins Detail zu gehen, als es hier im Rahmen eines Beitrags möglich ist.
Beispielhaft hat eine solche Detailarbeit in Mehrow stattgefunden. Dort hat man sich im Rahmen der Erforschung der Dorfgeschichte detailliert mit der Geschichte der „Landgesellschaft Eigene Scholle“ beschäftigt, die dort innerhalb der nationalsozialistischen Siedlungspolitik für die Landbeschaffung und –vergabe zuständig war.
Wenn man das Jahr 1934 als Anlass nimmt, im Rahmen eines Dorffestes der „Neuaufsiedlung“ von Milow zu gedenken, dann muss man sich der politischen Dimension der Siedlungspolitik im Nationalsozialismus bewusst sein. Sie war nicht nur nebensächliches Beiwerk, sondern zentrales Element der NS Rassenpolitik.
Weshalb die Frage steht: Was wird eigentlich gefeiert?
Man muss sich einer Antwort auf diese Frage vorsichtig nähern. Aber die Vorbereitungen auf das Fest und ein Dorffest selbst sind eine gute Gelegenheit, dieser Frage nachzugehen. Es kann der Beginn sorgfältiger Recherche und Dokumentation jener Zeit sein, ein Prozess, der am Ende zur gründlichen Aufarbeitung der Ortsgeschichte beitragen kann.
Ich bin zuversichtlich, dass diese sorgfältige Recherche- und Dokumentationsarbeit gelingen kann.
Sie wäre ein wichtiges Mittel, um all jenen den Boden unter den Füßen zu entziehen, die aus Unwissenheit oder gar wiederbelebtem nationalsozialistischem Gedankengut heraus den Versuch unternehmen, die unsägliche Rassenideologie der Nationalsozialisten, die vor allem durch ihre „Blut und Boden Ideologie“ zum Ausdruck kam, neu zu beleben.
[1] Die vermutlich grundlegendste Arbeit zum Thema von Gustavo Corni und Horst Gies unter dem Titel: „Blut und Boden“. Rassenideologie und Agrarpolitik im Staat Hitlers führt im Kapitel IV die maßgeblichen Untersuchungen dazu im Literaturverzeichnis auf
[2] Gustavo Corni/Horst Gies: „Blut und Boden“. Rassenideologie und Agrarpolitik im Staat Hitlers, Historisches Seminar – Neue Folge, Band 5. Herausgeber: Prof. Dr. Armin Reese/Prof. Dr. Uwe Uffelmann. Wissenschaftlicher Verlag Dr. Ullrich Schulz-Kirchner, Idstein 1994, S. 17
[3] Ebenda, a.a.O. S. 17
[4] Am 2. Juni 1938 meldet Darré an Göring 57.410 „Ehrenamtliche Mitarbeiter des Reichsnährstandes, darunter 50.193 Ortsbauernführer; nicht mit aufgeführt sind Ortsgefolgschaftswarte, Ortsjugendwarte u.ä“ und zusätzlich 17.349 „Hauptamtliche Mitarbeiter des Reichsnährstandes“; vgl. Corni/Gies „Blut und Boden“ a.a.O. S. 100
[5] Ebenda, a.a.O. S. 20
[6] Ebenda, a.a.O. S. 20
[7] Es gab deshalb für Neusiedler ein strenges Auswahlverfahren, das weiter unten im Text besprochen wird
[8] Ebenda, a.a.O. S. 22
[9] Straff nach dem „Führerprinzip“ strukturiert, arbeitete der „Reichsbauernführer“ mit den „Landesbauernführern“, den „Kreisbauernführern“ und den „Ortsbauernführern“ zusammen. Die NSDAP unterhielt selbst auf Kreisebene „agrarpolitische Berater“, die sorgsam auf die Umsetzung dessen achteten, was der „Reichsbauernführer“ da anordnete.
[10] Ebenda, a.a.O. S. 24
[11] Ebenda, a.a.O. S. 28 f.
[12] Ebenda, a.a.O. S. 31
[13] Ebenda, a.a.O. S. 34
[14] Ebenda, a.a.O. S. 35
[15] Aus: R. Walther Darré, Um Blut und Boden. Reden und Aufsätze. München 1940, S. 102; zitiert nach Corni/Gies „Blut und Boden“, a.a.O. S. 110
[16] Hervorhebung: U.K.
[17] § 13 Reichserbhofgesetz lautet:
Erfordernis deutschen oder stammesgleichen Bluts
(1) Bauer kann nur sein, wer deutschen oder stammesgleichen Blutes ist.
(2) Deutschen oder stammesgleichen Blutes ist nicht, wer unter seinen Vorfahren väterlicher- oder mütterlicherseits jüdisches oder farbiges Blut hat.
(3) Stichtag für das Vorhandensein der Voraussetzungen des Abs. 1 ist der 1. Januar 1800. Ist zweifelhaft, ob die Voraussetzungen des Abs. 1 gegeben sind, so entscheidet hierüber auf Antrag des Eigentümers oder des Kreisbauernführers das Anerbengericht. (….) (vgl. Corni/Gies: „Blut und Boden“, a.a.O. S. 106
[18] Aus: Karl Hopp (Hg.), Deutsches Bauernrecht (Textsammlung), Berlin 1938, IV,9,S. 32 f.; zitiert nach Gustavo Corni/Horst Gies: „Blut und Boden“. Rassenideologie und Agrarpolitik im Staat Hitlers, a.a.O. S. 119 f.
[19] Aus: Bundesarchiv-Koblenz, Nachlaß Darré II, Bd. 56; zitiert nach Corni/Gies: „Blut und Boden“. Rassenideologie und Agrarpolitik im Staat Hitlers, a.a.O. S. 120
[20] Es waren zusätzlich zu diesen möglichen Krediten zwischen 5 und 8.000 RM an Eigenmitteln aufzubringen
[21] In Streitfällen entschieden Erbhofgerichte, die unter strenger Kuratel des Reichsnährstandes standen, über die Kreis- und Landesbauernführer hatte sich Darré auch in diesen Gerichten die Mehrheit gesichert.
[22] Wie wir schon gesehen haben, war ein amtsärztliches Attest nötig.
[23]So hat es in Milow stattgefunden. Dort wurden 1934 vor allem Hessen, Hannoveraner, Brandenburger und Bremer angesiedelt.
[24] Hervorhebung: U.K.
[25] Man bediente sich zum Landerwerb sogenannter „Landgesellschaften“. Es ist sehr interessant, die konkrete Geschäftstätigkeit solcher Gesellschaften anhand der Dokumente zu verfolgen. Einige Dörfer haben das mittlerweile grundstücksgenau getan und in ihrer Ortschronik dokumentiert. http://www.mehrow.de/Geschichte/1900_bis_1945/Neubauernauswahl_1933-39.html
[26] Hervorhebung: U.K.
[27] Aus: Karl Hopp (Hg.), Deutsches Bauernrecht (Textsammlung), Berlin 1938, IV,9,S.42f; zitiert nach Corni/Gies „Blut und Boden“. Rassenideologie und Agrarpolitik im Staat Hitlers; a.a.O. 121 f.
Der besseren Unterscheidbarkeit wegen
Der besseren Unterscheidbarkeit wegen werde ich künftig die private Blogadresse verwenden, wenn es um eher allgemeinere Beiträge geht. Der Blog http://uckerlandkirchenblog.wordpress.com/ bleibt Arbeiten vorbehalten, die im dienstlichen Zusammenhang stehen.
Ein paar sehr unbequeme Fragen – was tut die Armee eigentlich wirklich in Afghanistan?
Der Generalsekretär der NATO Jaap der Hoop Scheffer selbst wusste nichts von der „größten Militäraktion seit dem Vietnamkrieg„.
Das lese ich in einem Text der „WELT“ am 19. Februar 2011. Die Rede ist von einer Kommandosache im Jahr 2009.
Pause. Ich halte inne.
Der NATO-Chef selbst wußte nichts……
Ich frage mich: was läuft hier eigentlich?
Wer veralbert hier eigentlich wen?
Wie tief stecken die deutschen Soldaten, die ja Teil des Bündnisses sind, eigentlich mit drin in diesem Sumpf aus Uninformiertheit und PR-Nebelkerzen a la Guttenberg nebst embedded Journalist?
Klar ist: das Militär sagt längst nicht alles, was tatsächlich passiert. Soldaten, die dennoch kritisch informieren, bekommen selbst große Probleme, wie dieser Text der Südwest-Presse zeigt.
Nehmen wir das Beispiel KSK. Über diese sehr besondere Truppe hatte ich kürzlich ein paar kritische Fragen gestellt.
Zu zweit hatten wir uns aufgrund dieser unbequemen Fragen an Abgeordnete des Deutschen Bundestages gewandt.
Ich wollte wissen: was wußten die Abgeordneten zur Zeit der Abstimmung über die Verlängerung des Afghanistan-Mandats über die KSK und die eventuelle Zusammenarbeit der KSK mit der mysteriösen Task Force 373?
Die beiden SPD-MdBs, die ich noch als „gut informierte Kollegen“ kannte – wußten nichts.
Die Nachfrage bei einem als sehr kritisch bekannten MdB der Grünen-Fraktion ergab: solche Informationen hätten „nur die Vertrauensleute“: In der Antwort heißt es:
„Über die Tätigkeit des KSK in Afghanistan werden nur die Obleute des
Verteigungsausschusses näher informiert.
Uns wurde lange Zeit gesagt, daß das KSK an Kampfeinsätzen nicht beteiligt
ist, sondern im Wesentlichen zur Beobachtung eingesetzt wird.
Über die Tätigkeit von US-Sondereinheiten erhalten wir fast gar keine
Informationen, auch wenn sie im deutschen Verantwortungsbereich
stattfindet.Angeblich ist die Bundeswehr über Einzelheiten auch nicht
unterrichtet.
Mit freundlichem Gruß….“
Eine solche Antwort ist ja wohl ein Witz.
Denn die Dinge standen ja schon in der Zeitung.
Der „Spiegel“ hatte eine ausführliche Reportage über die amerikanische Task Force 373 und auch über die deutsche KSK gebracht, wie ich in meinem blog schon geschrieben hatte (link weiter oben).
Ich halte fest:
offensichtlich wussten die Abgeordneten des Deutschen Bundestages zur Zeit der Abstimmung über die Verlängerung des Afghanistan-Mandats nichts.
Sie wußten nichts über die Einsätze der deutschen KSK; sie wußten nichts über die Einsätze der amerikanischen Task Force 373. Sie wußten nichts über eine Zusammenarbeit beider Kommandos im deutschen Zuständigkeitsbereich in Nordafghanistan.
Im Grunde wundert mich dieser harte Befund nicht.
Denn, wenn selbst der Generalsekretär der NATO nichts wußte von der „größten Militäraktion seit dem Vietnamkrieg“, dann braucht man sich im Grunde im Parlament nicht zu erkundigen.
Da wurde also vom deutschen Parlament die Verlängerung eines Mandates beschlossen, ohne daß die Abgeordneten wußten (und wissen), worum es eigentlich geht.
Das halten wir mal fest.
Ich schreibe diesen blogbeitrag am 19. Februar 2011. Heute kam die traurige Nachricht, daß drei deutsche Soldaten in ihrem eigenen Camp von einem afghanischen Soldaten getötet wurden. Da hat ein Soldat seine Ausbilder getötet. Was geht da eigentlich vor in der Region Kunduz und in den anderen Regionen des Landes?
Sie sagen uns nicht die Wahrheit. Soviel ist gewiß.
Denn sie informieren ja nicht mal die eigene politische Führung der NATO.…..
Und das Gerede davon, daß die Soldaten „die Sicherheit der Entwicklungshelfer“ gewährleisten, erweist sich als das, was es ist: eine Zwecklüge.
Denn – und das haben ausführliche Recherchen und Telefonate mit Entwicklungshelfern ergeben: „die Soldaten können unsere Sicherheit nicht schützen“.
Es zeigt sich immer deutlicher: dieses Mandat hat nichts mehr mit „Verteidigung“ zu tun. Dieses Mandat führt zu immer mehr Toten und Verletzten, insbesondere Zivilisten. Dieses Mandat führt zu immer größerem Widerstand im Land. Nun erschießt sogar ein afghanischer Soldat drei seiner Ausbilder….
Es ist höchste Zeit, daß die Armeen der Allianz Afghanistan verlassen.
Es ist höchste Zeit, daß die Nationen endlich mit einem wirklichen zivilen Aufbau des Landes beginnen.
Berlin. Sinfonie der Großstadt… Chaplin, Dix, Klee, Kollwitz, Feininger und mehr…
Die Ausstellung „Moderne Zeiten“ in der Neuen Nationalgalerie.
„Berlin. Sinfonie einer Großstadt“. Mit diesem Stummfilm von 1927 beginnt der Rundgang. Dieser sorgfältig restaurierte Film zeigt auf sehr schön komponierte Weise das Berlin der zwanziger Jahre: Industrie, Arbeiterschaft; wie Berlin isst; Berlin am Abend. Nicht nur für an zeitgeschichtlichen Dokumenten interessierte Berlinkenner, auch für den nachdenklichen Cineasten, den die „Themen“ des Films regelrecht anspringen, so sehr sind sie herausgearbeitet: industrielle Massenproduktion; der Mensch als winziges Glied in einer sich immer schneller drehenden Produktionsmaschine; Die Zeitungs-Schlagzeilen „Krise“, „Krise“, „Krise“ und „Geld, Geld, Geld“, „Börse“ und „Profit“ – was da Ende der zwanziger Jahre unter der Regie von Walther Ruttmann produziert worden ist, erweist sich dem zeitgenössischen Zuschauer wie ein Menetekel. Denn die heutige, „moderne“ Leistungsgesellschaft, die vom Aberglauben ans „Wachstum“ lebt, die weiterhin jenem „schneller, höher, weiter“ das Wort redet, zeigt sich auf der Folie dieses alten Films als das, was es in der Tat ist: als fortgesetzter Irr-Sinn.
Charlie Chaplin hat in seinem wundervollen Film „Moderne Zeiten“ eben jenen Gedanken präzisiert: Am Ende gerät der kleine, hilflose Arbeiter gar selbst ins Fließband und in die Zahnräder der Maschinen, die er doch eigentlich „bedienen“ sollte. Der Mensch als Opfer seiner „Schöpfung“. Auch dieser Film ist in der Ausstellung zu sehen.
Doch der eigentliche Schwerpunkt dieser neuen Dauerausstellung in der Neuen Nationalgalerie ist die Malerei. Bilder zwischen 1900 und 1945. Bilder der „Moderne“. Bilder vor und während der großen Kriege entstanden, während der Weltwirtschaftskrise. Zeichen an der Wand. Menetekel.
Karl Schmidt-Rottluff, Karl Kirchner, Erich Heckel, Otto Müller, Max Pechstein, Emil Nolde beginnen. Die gezeigten Themen: Massenproduktion, Industriealisierung. Rene Magrite, Salvador Dali, Hanna Höch, Max Ernst, Hans Arp, Kurt Schwitters, Paul Klee, Lyonel Feininger, Oskar Schlemmer, Willi Baumeister. „Der Radionist“ von Kurt Günther zeigt schon 1927 die Segnungen, aber auch die Gefahren moderner Massenkommunikation zu einem Zeitpunkt, wo sie doch gerade erst entsteht. Jenes Bild möchte man so manchem modernen Handybesitzer auf den Schreibtisch stellen…..
Die Reihe ist lang.
Und zeigt die Besten. Die Macher der Ausstellung haben ihre Schatztruhen geöffnet und geben Anteil an großem Reichtum.
Selten hat man auf so engem Raum die wichtigsten Künstler der Zeit zwischen 1900 und 1945 mit eigenen Werken versammelt gesehen.
Es ist eine wundervolle Gesamtschau jener wichtigen Zeit um die Jahrhundertwende, die in die großen Katastrophen mündete, den Ersten und zweiten Weltkrieg.
Käthe Kollwitz ist vertreten, Gerhard Marcks, Hans Grundig, Karl Hofer, Ernst Wilhelm Nay.
Das Bild „Feldgrau schafft Dividende“ von Alice Lex-Nerlinger zeigt schon 1931, zwei Jahre vor der Machtergreifung der Nazis, was 1939 – 45 kommen würde: die Zerstörung des Menschlichen durch das Militärische.
Es ist frappierend, wie früh die Künstler gesehen und gemalt haben, was sie da schon in ihrem Inneren sehen konnten.
Wilhelm Lachnitt malt 1933 „Der traurige Frühling“. Zu einer Zeit, als die Deutschen millionenfach ihrem neuen „Führer“ hinterherliefen. Sie waren blind in ihrem Glauben. Die wachen Künstler aber, nicht wenige von ihnen wenig später von den Nazis als „entartete Kunst“ verboten, verbrannt, verbannt – sahen, was kommen würde.
Karl Hofers „Der Wächter“ von 1936 (drei Jahre vor Kriegsbeginn!) nimmt schon Stalingrad (1942) vorweg! Wer dieses Bild sieht, sieht Stalingrad.
Es ist mir fast unheimlich, mit welcher seherischen Kraft Künstler wie Karl Hofer dem vertrauten, was sie in ihrem Innern sahen, was sie kommen sahen und auf die Leinwand brachten. Leute wie er waren wohl etwas, das man im Altertum mit „Seher“ bezeichnet hat.
Er sah, was kommen würde. Und malte es, lange, bevor es „eintrat“.
Am Ende steht Horst Strempels „Nacht über Deutschland“. 1945/46 entstanden. Ein Altarbild.
Was für ein Altar!
Der Besuch der Ausstellung braucht Zeit. Zwei Stunden sollte man mindestens haben.
Denn sie ist kompakt. Sie ist verdichtet. Sie versammelt die Großen auf relativ wenig Raum. Jeder Künstler für sich bräuchte im Grunde eine eigene Ausstellung.
In dieser Versammlung der Besten jedoch vereinen sie sich und ihre künstlerische Kraft zu etwas sehr Besonderem.
Deshalb lohnt sich der Besuch dieser neuen Daueraussstellung in der Neuen Nationalgalerie sehr.
„Moderne Zeiten“. Malerei zwischen 1900 und 1945.
Sehr empfehlenswert!
Liebe Freunde in der SPD-Bundestagsfraktion, sagt Nein!
Ulrich Kasparick
Parl. Staatssekretär a.D.
Berlin
13. Januar 2011
Liebe Freunde in der SPD-Bundestagsfraktion,
die vom Vorstand der SPD in Potsdam beschlossenen Texte lassen es zu, daß ihr Ende Januar „Nein!“ sagt zum Antrag der Regierung, das Afghanistan-Mandat für die Bundeswehr erneut zu verlängern.
Ihr habt geschickt formuliert. Das eröffnet nun die Möglichkeit, Nein! zu sagen. Denn ihr habt euch festgelegt: ihr wollt, daß die Regierung ein klares Abzugsdatum nennt, das 2011 beginnen soll.
Die Regierung ist sich nicht einig – wie üblich.
Der Außenminister will einen weichgespülten Beschluss „….sofern die Lage es zulässt“, die ihm eine Friedensdividende im Inland bringen soll angesichts der katastrophalen Werte für die FDP. Das ist einfach zu durchschauen.
Der Verteidigungsminister hat mehrfach öffentlich geäußert, daß er sich dies offen halten will. Er entscheidet rein nach militärischen Gesichtspunkten. Von einem Verteidigungsminister, der Mitglied der CSU ist, ist nichts andres zu erwarten.
Von den Sozialdemokraten jedoch erwarten die Menschen im Lande – immer noch – eine Menge.
Zum Beispiel, daß sie zu ihren eigenen Beschlüssen stehen.
Was die Menschen nicht wollen, sind unklare Beschlüsse.
Hohe Militärs haben heute (13.1.2011) gegenüber der Presse (u.a. Leipziger Volkszeitung) angekündigt, daß sich die Bundeswehr nach dem Beschluss des Parlaments an einer „Großoffensive“ beteiligen werde.
Man trifft die Vorbereitungen bereits jetzt, damit es schon am 28. Januar losgehen kann.
Ihr wisst wie ich, daß bei solchen militärischen „Maßnahmen“ vor allem Zivilisten leiden.
Der Angriff auf einen Tanklastzug bei Kunduz Ende 2009 hat es gezeigt.
Wenn man rein militärischer Argumentation folgt, kann man solche Katastrophen wie in Kunduz nicht ausschließen.
Wenn man einer rein militärischen Argumentation folgt, kann die Politik nach Hause gehen.
Die Bundeswehr ist aber eine Parlamentsarmee.
Die Abgeordneten entscheiden. Niemand sonst.
Ich kann verstehen, daß ihr auch die Bündnisverpflichtungen Deutschlands beachten müsst.
Ich kann euer Bemühen erkennen, dennoch einen Weg zu suchen, der verantwortbar und klar geregelt zu einem Abzug des deutschen Kontingents führt.
Die niederländischen Sozialdemokraten haben wegen dieser Frage sogar die Regierungsbeteiligung riskiert.
Ihr aber seid zur Zeit Teil der Opposition, braucht also nicht mal ein so hohes politisches Risiko einzugehen wie die niederländischen Kollegen.
Es ist nicht die Zeit falscher Rücksichtnahmen.
Sondern es ist die Zeit klarer Alternativen zur Regierungspolitik.
Macht euch nicht gemein mit einer Politik, die unklar, uneinheitlich und verworren ist.
Guttenberg hat heute (13.11.2011) erneut deutlich gemacht, daß er einem Abzugsbeginn in 2011 nicht zustimmen kann.
Das bedeutet: ihr könnt – nach dem Beschluss des SPD-Vorstandes – dem neuen Mandat nicht zustimmen.
Die Regierung wird das Mandat mit ihrer Mehrheit durchsetzen.
Deutsche Soldaten werden sich der geplanten Großoffensive im Norden Afghanistans beteiligen.
Dabei wird Blut fließen. Soldatenblut und Blut vor allem von Zivilisten.
Nehmt es nicht auf euch, daß durch unklares Abstimmungsverhalten die deutsche Sozialdemokratie dafür mit Verantwortung trägt!
Ich wünsche euch: klare Gedanken, ein heißes Herz und ein wenig Mut.
Sagt „Nein!“
Vergesst Cancun!
Das 2-Grad-Ziel ist nicht mehr zu halten. „Denn es bleibt nicht mehr viel Zeit, um „das Unbeherrschbare noch zu vermeiden und das Unvermeidbare sicher zu beherrschen“. (Homepage vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. http://www.pik-potsdam.de/forschung)
„Der Pfad, auf dem wir gegenwärtig sind, geht Richtung 4-5 Grad“. (Dr. Anders Levermann, PIK).
Und die globalen Trends deuten in eben diese Richtung: das Wirtschaftswachstum mit den damit verbundenen Emissionen insbesondere in Asien und Lateinamerika geht weiter steil nach oben. Treiber ist u.a. das weitere starke Wachstum der Weltbevölkerung, die zunehmende Verstädterung (mehr als 50% der Weltbevölkerung leben in den sogenannten Mega-Cities wie Hongkong, Seoul, Sao Paolo etc.).
Der Energieverbrauch der Weltbevölkerung steigt.
Die Emissionen steigen.
Trotz Kyoto. Trotz internationaler Klimadiplomatie. Trotz Emmissionshandel.
Dies ist eine wichtige Einsicht: trotz Klimadiplomatie, trotz Energieeinsparprogrammen, trotz Klimaschutzmaßnahmen – steigen die Emmissionen.
Das Scheitern des UN-Gipfels in Kopenhagen vor einem Jahr und die aktuellen Bedingungen in Cancun zeigen: die Diplomatie ist zu langsam, um auf die Herausforderungen zu reagieren.
Notwendige Kompromisse werden, je höher man in den politischen Ebenen geht (lokal, Kreis, Land, Bund, Europa, UN) immer schwerer gefunden. Der Langsamste bestimmt das Tempo im Tross.
Jetzt in Cancun werden nicht einmal die Staatschefs anreisen. Sie überlassen ihren Umweltministern die „Bühne“ (was ja immer ein wenig ans Theater erinnert…..).
Um Missverständnissen vorzubeugen: es gibt keine Alternative zu Klimaschutzmaßnahmen und zu Klimadiplomatie.
Denn sie könnten den Anstieg der Emmissionen vielleicht doch verlangsamen.
Aber: zu einem Stopp der Emmissionen ab 2050 wird es nicht kommen. Der Trends wegen.
Dies jedoch wäre nötig, um das 2-Grad-Ziel (Erwärmung der Atmosphäre um nicht mehr als 2 Grad) zu erreichen.
Das Wachstum der Weltbevölkerung und des Energiehungers frisst die Einspareffekte auf. Es ist schneller als die Einsparungen.
Deshalb ist wohl richtig: Der gegenwärtige Pfad geht auf 4-5 Grad Temperaturanstieg in der Atmosphäre hinaus.
In meinen Augen wäre es daher ein Zeichen verantwortlicher Politik, wenn man den Menschen nicht länger etwas vormachen würde.
Es wäre verantwortlich, den Menschen zu sagen, daß man sich auf die Folgen des Anstiegs der Durchschnittstemperatur um 4-5 Grad bis Ende des Jahrhunderts einstellt.
Es ist falsch, den Menschen zu sagen, daß man den Klimawandel stoppen könnte. Alle Trends sprechen dagegen.
Vielleicht gelingt es, den Anstieg der Emmissionen etwas zu verlangsamen. Aber selbst dafür wären einschneidende Schritte nötig. Die Ergebnisse der bisherigen Klimaverhandlungen und auch die Effekte der bislang eingesetzten Klimaschutzmaßnahmen jedoch deuten in eine andere Richtung. Sie reichen bei weitem nicht aus, um eine wirksame Verlangsamung des Anstiegs der Emmissionen zu erreichen.
Wir wissen sehr genau, daß beispielsweise die Effizienzgewinne bei der Entwicklung von Motoren (deutlich weniger Spritverbrauch) vom Wachstum des Verkehrs (insbesondere des Schwerlast- und Flugverkehrs) mehr als aufgefressen wird.
Ähnliches gibt es vom Energiehunger der Städte zu berichten. Er wird immer stärker.
Die Folgen sind überaus komplex und sollen hier nicht dargestellt werden. Es genügt, auf die Arbeiten des IPCC dazu zu verweisen. Vieles ist bereits gesichert. Die Prognosen werden auch – dank moderner Höchstleistungsrechner – immer regionaler und präziser.
Am Wissen liegt es nicht.
Es liegt auch nicht am Wollen (daß wir es mit einem Systemfehler zu tun haben, darauf hatte ich kürzlich im blog hingewiesen. („Und? Heute schon verdrängt?“).
Man weiß zwar noch zu wenig über die sozialwissenschaftlichen Zusammenhänge des Klimawandels, weshalb das PIK nun entsprechende Schwerpunktforschung eingerichtet hat (Näheres auf der Homepage). Aber die wesentlichen Zusammenhänge sind mittlerweile deutlich.
Da die internationale Forschercommunity seit längerem auf ein zentrales Problem hinweist – uns läuft die Zeit davon, um noch reagieren zu können – müsste m.E. ein Umdenken in der Hinsicht stattfinden, daß man sich auf den 4-5 Grad Anstieg einstellt. (Wenn es dank Klimaschutzmaßnahmen weniger wird, um so besser).
Wenn man dies jedoch tatsächlich tun würde – hätte das sehr weitreichende Konsequenzen für Parlament und Administration.
Denn man würde von der Annahme ausgehen, daß die Prognose eintrifft: Anstieg der durschnittlichen Temperatur um 4-5 Grad bis zum Ende des Jahrhunderts.
Von diesem „archimedischen Punkt“ aus würde man relativ zügig entwickeln können, was zu tun wäre.
Ein paar Stichworte:
1. Einrichtung eines wirklich entscheidungsfähigen green cabinet. (Erste Vorarbeiten dazu gibt es in einigen Staaten, auch in Deutschland; aber die Durchsetzungsfähigkeit dieser Gremien ist nicht gegeben; es fehlt beispielsweise ein Veto-Recht vor Zuleitung ins Kabinett).
2. Fokussierung aller mittelfristigen Planungsprozesse auf das Thema Klimawandel (in Deutschland z.B. Bundesverkehrswegeplan (Laufzeit 15 Jahre) (diese Planung hat noch einen Ölpreis von vor zehn Jahren zur Grundlage…..); Stadtentwicklungspolitik (erste Anfänge gibt es mit der Leipzig-Charta); MifriFi (die von Karl Schiller eingeführte mittelfristige Finanzplanung des Bundes, die sie etwas unabhängiger von Konjunkturzyklen machen soll); Küstenschutzmaßnahmen (allein die Hafenstädte werden in den kommenden Jahren enormen Finanzierungsbedarf haben); Fokussierung der Forschungspolitik (es ist beispielsweise ein Unding, wieviel Geld der Bund in der seit 50 Jahren erfolglosen Fusionsforschung versenkt, ohne, daß es zu brauchbaren Ergebnissen kommt) auf Effizienz, Neue Materialien, Senkung der Energieverbräuche; Klimafolgenforschung. Dies würde beispielsweise bedeuten, daß die Finanzierung der ausseruniversitären Forschung in Deutschland sehr viel stärker als bislang tatsächlich transdisziplinär möglich werden müsste. Davon sind wir meilenweit entfernt (man stelle mal einen wirklich transdisziplinären Forschungsantrag bei der DFG, dann merkt man schnell, wovon ich rede).
3. Präzisierung der zu erwartenden Folgen des Klimawandels in allen anderen Politikfeldern (es gibt kein Ressort, das nicht vom Klimawandel betroffen ist): exemplarisch: Auswirkungen in der Land- und Forstwirtschaft; in der Außen- und Sicherheitspolitik; in der Migrationspolitik; Auswirkungen auf die Energiewirtschaft und übrigen Wirtschaftsbereiche; Auswirkungen im Gesundheitssystem (die extrem heißen Sommer in vergangenen Jahren haben beispielsweise zum starken Anstieg von Todesopfern geführt).
4. Einrichtung von wirklich transdisziplinär arbeitenden parlamentarischen Arbeitsgruppen (mit Ausnahme der Arbeitsgruppen Energie ist die parlamentarische Arbeit noch sehr stark segmentiert; wirklich transdisziplinäres Arbeiten sehr ungewohnt).
5. Verbesserung der Kooperation über Fraktionsgrenzen hinweg. (nichts eignet sich weniger zum Parteienstreit als das Thema Klimawandel, denn die Folgen müssen bezahlt werden, egal, wer grad regiert). Ich weiß, daß gerade dieser Punkt angesichts des parlamentarischen Alltags überaus kühn ist und schnell das Votum „ist ja lächerlich“ bekommt. Dennoch sei’s gesagt.
Gesamtgesellschaftlich wäre es überaus wünschenswert, wenn dem Thema Klimawandel weitaus mehr seriöse Aufmerksamkeit gewidmet würde. Im Moment hat das Thema Zyklen, die von immer den selben Bildern von „untergehenden Inseln“ etc. begleitet werden – ohne wirklich zu einer wirksamen Veränderung des Denkens beizutragen. Diese Marktschreierei hilft nicht.
Nicht nur Fachjournalisten, sondern insbesondere die Herausgeber großer Medien haben auch eine Verantwortung – nicht nur die, sich um Einschaltquoten und Verkaufszahlen zu kümmern. Die Herausforderung besteht ja gerade darin, zu einer Veränderung des Denkens auf eine Weise beizutragen, die nicht von Sensationslust, Einschaltquoten und kurzfristigen „Erfolgen“ geprägt ist, sondern sich wirklich darum bemüht, zu veränderten Denken zu kommen.
Am Anfang der Bemühungen um eine wirksame Vorbereitung auf die voraussehbaren Entwicklungen stünde jedoch die nüchterne Einsicht: der Klimawandel ist nicht zu stoppen. Vielleicht gelingt es, ihn ein wenig abzumildern. Es wäre vorausschauend und verantwortliche Politik, sich auf den Korridor von 4-5 Grad vorzubereiten (z.B. die Einführung einer neuen Technologie wie z.B. eines Elektro-Autos bis zum Erreichen der Massenmarkt-Schwelle(die wird bei etwa 1 Million verkaufter Einheiten erreicht; Deutschland hat das Ziel, 2020 diese 1 Million e-cars auf den Straßen zu haben) dauert etwa 8 – 10 Jahre!).
Um es in einem Bild zu sagen: es ist vielleicht wie bei der Diagnose einer schweren Erkrankung. Es genügt nicht, die Ursachen in der Vergangenheit zu analysieren (falsche Lebensweise), sondern es kommt nun darauf an, mit der Diagnose verändert weiterzuleben. Dies bedeutet: eine radikale Veränderung. Man muss lernen, „mit der Krankheit zu leben“.
Heute (1.12.2010) sind diese Zusammenhänge sehr schön in diesem Artikel über den neuen UN-Bericht dargestellt:
http://www.taz.de/1/zukunft/umwelt/artikel/1/die-gigatonnen-luecke/
Deshalb stünde am Anfang eines solchen Bemühens eine nüchterne Ehrlichkeit:
Vergesst Cancun!
wie sich die Welt verändert – kostenloses Bürgerfernsehen zum mitmachen beim Millenniumsgipfel
Das ist schon ein besonderer Tag. Peace Day. Weltweit. Die UNO hat heute zu diesem Tag eingeladen und im Internet unter http://www.peaceday.tv zum broadcasting eingeladen. Jeder, der über einen Internetzugang verfügt, kann sich beteiligen. Man kann sich über facebook, twitter, skype und andere networks verknüpfen, weitere freunde einladen (mit persönlicher einladung versteht sich).
Es ist eine wunderbare Erfahrung einer zusammenwachsenden Welt. Gestern nachmittags und abends habe ich mir diese Arbeit schon ausführlich angesehen und war beeindruckt von den Möglichkeiten, Großveranstaltungen, die in allen Kontinenten der Welt stattfinden, auf dieser Seite zusammen zu führen. Eine sehr schöne Erfahrung der positiven Seiten der Globalisierung.
Diese Möglichkeit wird die politische Arbeit in den nächsten Wochen und Monaten sehr verändern. Die Welt wächst weiter zusammen. Die Rolle der Parlamente wird sich verändern. Die Kreativität der Menschen kann besser genutzt werden, um die großen Fragen unserer Zeit anzugehen: climate change zum Beispiel.
Vielleicht finden sich heute auch viele deutsche Initiativen zusammen, um die Möglichkeiten des Internets, für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung zu arbeiten, weiter zu verbessern.
Unter dem Dach der Vereinten Nationen.
Heute ist Peace Day.
Watch http://www.peaceday.tv.
Estland – Momente einer Sommerreise
Man kann es ja mal versuchen. Mit ein paar Hinweisen. Auf ein schönes Land. Das Moor wächst einen Meter – in tausend Jahren.
Die Zeit verlangsamt sich in ihrem Fluss, wenn man sich wirklich auf dieses Land einlässt. Geologen meinen, die Insel Hiiumaa (westlich von Tallinn) sei durch den Einschlag eines Meteoriten ins Meer entstanden. Den Wall im Durchmesser von vier Kilometern kann man noch erkennen.
Es ist ein uraltes Land. 700 Jahre fremdbestimmt. 400 Jahre sprach man plattdütsch in Reval (Tallinn), 250 Jahre schwedisch. Seit 1918 ist das Land unabhängig – durch den Hitler-Stalin-Pakt und insbesondere das geheime Zusatzprotokoll fiel das Land an die Sowjetunion.
Es lohnt sich, die kleinen Beiträge zur Geschichte des Landes zu lesen, die der frühere estnische Ministerpräsident Mart Laar (geb. 1960) geschrieben hat. Der Historiker und Politiker beschreibt in den Bändchen „Streifzug durch die estnische Geschichte“; „Estland im Zweiten Weltkrieg“; „Der vergessene Krieg. Die bewaffnete Widerstandsbewegung in Estland 1944-1956“ und „Der rote Terror. Repressalien der sowjetischen Besatzungsmacht in Estland“ sehr eindrücklich und gut illustriert die bewegte jüngere Geschichte des nördlichsten der drei baltischen Republiken, das seit 1991 erneut seine Unabhängigkeit erstritten hat.
Die alten Lieder waren es, die die Freiheit brachten.
Die „Singende Revolution“: mehr als 1,5 Millionen Menschen standen in jenen Herbsttagen 1989/90 durch alle drei baltischen Staaten in einer gewaltigen Menschenkette. Und sie sangen ihre alten Lieder.
Merkwürdig im eigentlichen Wortsinn: mit „Denkmalschutzvereinen“ hat es begonnen. Diese „Vereine“ brachten den Esten ihr Geschichtsbewußtsein zurück. Ihr Selbstbewußtsein. Ihren Stolz. Die Arbeit dieser „Vereine“ mündete schließlich in jenen Wendejahren, die von Deutschland aus kaum wahrgenommen wurden.
Es ist ein wunderschönes Land. Etwa so groß wie Dänemark, aber sechzehnmal dünner besiedelt.
Wir sind mit dem Auto gereist, hatten die Räder mit. Von Tallin aus (Anreise mit dem Flugzeug ab Berlin), die Nordküste entlang Richtung Peipusssee; das Westufer (über 175 Kilometer lang ist die estnische Uferlinie dieses „Sees“, der eigentlich ein Meer ist) hinunter Richtung Tartu. Jene Stadt, die von König Gustav Adolf 1629 per noch im Krieg bei Lützen kurz vor seinem Tode unterzeichneten Erlass eine Universität bekam, die heute als geistiges Zentrum des Landes gilt. Hier tummelt sich die Laptop-Generation: großgeworden mit den neuen Medien und völlig selbstverständlich handhabt diese Generation Laptop und Internet. Finnland und Nokia sind ja nicht weit….Mehrsprachig die meisten.
Meine Praktikantin im Bundestag sprach sieben Sprachen…..
Das Land hebt sich in jedem Jahr weiter aus dem Meer: um 3 Millimeter pro Jahr. Das ist viel, bedenkt man die Zeitläufe, die geologische Prozesse normalerweise benötigen. Der Grund: als das Eis mit einer Mächtigkeit von mehreren tausend Metern vor etwa 10.000 Jahren zu schmelzen begann und damit das Land von einer ungeheuren Last befreite, begann sich das Land zu heben. Dieser Prozess hält heute noch an. Weshalb die estnischen Küsten oft sehr flach und voller gewaltiger Findlinge sind.
Wunderschönes Land: Wer das Land sehr gut kennenlernen will, sei an eine kleine Agentur verwiesen. Der Neustrelitzer Volker Röwer betreibt in Tallinn „Estland-Reisen“ und hat sich spezialisiert auf individuelle Urlaubsplanung vor allem für die deutschsprachigen Länder Österreich, Schweiz und Deutschland. Er verfügt über eine gutes Netz von deutsch sprechenden sachkundigen Esten, die sowohl zu geschichtlichen Fragen, als auch für Führungen durch die Nationalparks und Naturschönheiten bestens vorbereitet sind.
Deshalb sei er an dieser Stelle empfohlen.
Über http://www.estland.ee kann man seine Agentur erreichen.
Man kann ihn auch direkt anrufen unter 00372-6554711.