Etwas aus meiner Werkstatt


Internet bedeutet für mich: täglich dazu lernen. Ich bemühe mich schon etliche Jahre, so einigermaßen auf dem Laufenden zu bleiben, aber die Möglichkeiten des Netzes sind so enorm gewachsen, dass ich gar nicht mehr hinterher komme.
Selbstverständlich nutze ich schon seit langen Jahren facebook, twitter, früher auch mal google+, instagram und pinterest, blogge, nutze soundcloud, youtube und all die neuen Möglichkeiten.
Aber dass ich jetzt meine Manuskripte von zu Hause aus sowohl als print als auch als ebook zur Verfügung stellen und dafür e-publishing samt seiner interessanten Vertriebswege nutzen kann, das ist schon eine prima Sache, dass muss ich schon sagen. Ich bin ja schließlich mal in einem Land auf die Welt gekommen, in dem man sich alles was länger als 20 Zeilen war, vom Staat genehmigen lassen musste – das bedeutet allerdings auch tägliches Weiterlernen. Learning by doing. Formatieren, layouten, produzieren lassen – all das.  Aber was für großartige Möglichkeiten gerade für ehrenamtlich Engagierte, für Vereine, für Kirchgemeinde, für Kulturinitiativen sich dadurch ergeben! Ich bin immer noch begeistert.

Diejenigen, die beruflich in der Branche epublishing arbeiten, werden müde lächeln, wenn sie meine Zeilen lesen, ich bitte um Nachsicht, aber für mich sind das schon wichtige Entdeckungen, wenn ich zum Beispiel die Autorenseite bei #amazon entdecke. Oder wenn ich sehe, mit welchem großen Vertrieb #epubli arbeitet. Schließlich mache ich diese Sachen nicht beruflich.

Jedenfalls geht es mir immer noch so, daß ich mich täglich daran freue, was das Internet für überaus praktische Dinge für einen bereit hält und nutze sie gern.  Und: dazulernen hat noch niemandem geschadet.

Für unsere Enkel. Wie geht es 2018 weiter mit dem Netzwerk?

Für unsere Enkel. Wie geht es 2018 weiter mit dem Netzwerk?

Das Jahresende 2017 ist von gegensätzlichen Trends bestimmt:
Einerseits hatten wir in Deutschland den höchsten Anteil Erneuerbarer Energien im Strommix,
andererseits erreicht Deutschland sein Klimaziel 2020 nicht, wenn es in diesem langsamen Tempo weitermacht.

Einerseits wuchsen die Schäden durch klimabedingte Naturkatastrophen weltweit rasant (die Schweizer Rückversicherung spricht von einer Verdoppelung gegenüber 2016)
andererseits erreichte die weltweite #Divest-Bewegung starke neue Unterstützung. Im Dezember 2017 teilte die Weltbank mit, man werde ab 2019 nicht mehr in neue Kohlekraftwerke investieren und New York teilte mit, es werde 200 Milliarden seiner Pensions-Rückstellungen aus den Fossilen Energien abziehen. Ein gewaltiger Schritt.

Einerseits steigen die Investitionen in Erneuerbare Energien und Energieeffizienz weltweit (insbesondere in China. Dort will man Weltmarktführer werden)
Andererseits genügen die Klimaschutzmaßnahmen weltweit bei weitem nicht. Bei dem bisherigen Tempo haben wir in 70 Jahren plus 4 oder mehr Grad Durchschnittstemperatur – das wäre katastrophal.

Einerseits ist unser Netzwerk Für-unsere-Enkel.org sehr gut gestartet (erst im Herbst 2017 ging es los). Unsere Arbeit auf facebook ist gut in Gang gekommen. Auch die facebook-Gruppen sind aktiv.
Andererseits sind noch die allermeisten Kommunen in Deutschland ohne #Divestment. Sie investieren also immer noch in eine Beschleunigung des Klimawandels, statt ihn zu bekämpfen.

Unsere Pläne für 2018 sollen angesichts dieses Befundes realistisch und erreichbar bleiben.
Ich wäre sehr zufrieden, wenn wir am Ende des Jahres 2018
1. in jedem Bundesland eine wirklich gut arbeitende Gruppe für unser Netzwerk hätten.
2. in jeder Landeshauptstadt mindestens eine kleine Redaktionsgruppe für unser Netzwerk arbeiten würde.
3. Möglichst in jedem Landkreis mindestens ein Redakteur für unser Netzwerk tätig wäre.
Das Ziel ist klar:
Wir wollen unseren Beitrag dazu leisten, dass die Bundesländer, die Kommunen, die Landkreise, die Kirchen, die Gewerkschaften, die großen und kleinen Verbände und Stiftungen Schritt für Schritt (es dürfen ruhig schnelle und große Schritte sein) ihr Geld aus den Fossilen Energien abziehen.

Die jungen Leute alleine werden diese große Aufgabe nicht schaffen.
Sie brauchen unsere Unterstützung.
Ein Anfang ist gemacht. Daran lässt sich anknüpfen im Jahre 2018.
Jede und jeder, der sich beteiligen möchte, ist herzlich eingeladen.

Tagesbilanz. Das Projekt wächst schneller als gedacht. Fuer-unsere-Enkel.org


Mittlerweile haben wir von „Fuer-unsere-Enkel.org Gruppen-Seiten in Deutschland, in Österreich und der Schweiz. In Deutschland sind wir bislang mit Seiten in Thüringen, Sachsen, Brandenburg, Hessen, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Bayern vertreten.

Jahrelange Facebook-Freundschaften wirken sich aus, weil Vertrauen da ist.  Allein heute kamen zwei neue Gruppen dazu. Eine in der Schweiz und eine für Brandenburg. Innerhalb weniger Minuten waren die Seiten bereit, mit dem networking anzufangen.
Ich hätte nicht gedacht, dass wir so schnell voran kommen würden.
Offenbar gibt es eine Bereitschaft nicht nur von Älteren, sich einzubringen in die weltweite Bewegung, die sich um Lösungen für die größte Herausforderung unseres Jahrhunderts bemüht: den Klimawandel.
Junge Leute verabreden sich ins Rheinland.
Ältere Leute können sie unterstützen.
Wie?
Indem man seinen Laptop nutzt. Seinen e-mail-Verteiler, seine facebook-Seite, seine Beziehungen und Bekanntschaften, sein eigenes Netzwerk.
Was sich abzeichnet: das wird ein Netzwerk von „Menschen guten Willens“.
Parteiübergreifend. Konfessions- und religionsübergreifend.
Verbunden durch das gemeinsame Motiv, etwas beizusteuern für die kommende Generation.
Öffentlichkeitsarbeit zum Beispiel.
Aber auch eigene „Aktionen“: das Gespräch in der Arbeitsgemeinschaft der Senioren beispielsweise. Die Einladung zu einem Forum.
Damit die Älteren nicht nur sitzen und Kaffee trinken.
Viele wollen nämlich mehr.
Sie wollen mit ihrer Lebenserfahrung, mit ihren Netzwerken, Kompetenzen und Ressourcen wahrgenommen und „gebraucht“ werden.
Bei „Fuer-unsere-Enkel.org“ ist nichts wünschenswerter als genau das: Lebenserfahrung, persönliche Netzwerke, Kompetenzen und eigene Ressourcen.
Es hat sich gezeigt, dass beim Aufbau der Landes-Gruppenseiten schon generationsübergreifend gearbeitet wird.
Wunderbar.
Denn es geht um ein Miteinander der Generationen.
In diesem Falle: älter für jünger.
Denn die jungen Leute haben schon genug zu schultern.
Man kann sie unterstützen.
Und mich freut, dass die Resonanz auf dieses Angebot, sich einzubringen, so gut ist.

Die Skepsis überwiegt. Eine ungehaltene Neujahrsrede.


Schaue ich mir die erkennbaren langfristig wirkenden Entwicklungen im zurückliegenden Jahr an, überwiegt die Skepsis. Man muss nicht erst Erwin Chargaff lesen, um zum begründeten Skeptiker zu werden.
Fukushima: in San Francisco hat man mittlerweile erhöhte Radioaktivität gemessen. Das, was da tagtäglich in Fukushima ins Meer fließt an hochkontaminiertem Wasser ist durch die Meeresströmungen nun in Amerika angekommen. Und wird sich weiter über die Welt verteilen. 650 Jahre etwa dauert das, wie Meeresforscher wissen. Bei einer Halbwertzeit von 16.000 Jahren kein Problem. „Fukushima ist überall“ haben einige zutreffend formuliert. Was bedeutet das?
Es bedeutet, dass die maßgeblichen Industrienationen das Desaster nicht wirklich begriffen haben. Denn es fehlt an einem wirksamen Ausstieg aus dieser Art der Energiegewinnung. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis das nächste Kraftwerk in die Luft fliegt. Günther Anders hatte Recht: der Mensch steht entsetzt vor den von ihm erschaffenen Maschinen und beherrscht sie schon längst nicht mehr. Fukushima ist längst das Symbol für eine zerstörende Art des des Wirtschaftens geworden.
„Diese Wirtschaft tötet“ hatte Papst Franziskus kürzlich markant formuliert. Sie tötet nicht nur Andere, Schwächere, Marginalisierte. Sie tötet sich selbst.

TTIP. Das geplante Freihandels-Abkommen zwischen der EU und den USA. Streng geheim verhandelt unter Ausschluss der Parlamente. Es sieht einen „Investitionsschutz“ für Multis vor, der es ihnen ermöglichen soll, Staaten auf Schadenersatz zu verklagen, falls deren nationale Gesetzgebung geplante Investitionen – in Kraftwerke beispielsweise – „behindert“. Der Widerstand dagegen formiert sich zwar, ist aber bislang völlig ohne Einfluss. Nicht mal die Berichterstatter im EU-Parlament sind über das Abkommen informiert. Nur weniges sickert an die Öffentlichkeit.
Dieses Abkommen wird zu einer weiteren Beschleunigung der Zerstörung natürlicher Ressourcen führen, denn das durch das Abkommen beabsichtigte Wachstum ist nicht nachhaltig. Es geht im Kern darum, die bestehende Art des Wirtschaftens noch „effektiver“ zu machen. Hauptziel: Gewinnmaximierung. Das zwischen den USA und Europa geplante Abkommen ist ja nicht das einzige seiner Art. Der Prozess der beschleunigten Gewinnmaximierung im Namen des Wachstums wird ja auch durch zahlreiche vergleichbare Abkommen gesichert.

Geheimdienste. Der Chaos-Computer-Club hat nun auf seiner Jahrestagung in Hamburg die schlichte, aber verstehbare Formulierung gefunden: „Der NSA gehört das Internet“.  Totale Überwachung der weltweiten Kommunikation durch die „Dienste“ der reichen Welt. Egon Bahr warnt deshalb vor einem Krieg: „Es wäre das erste Mal, dass eine grundlegend neue Technik nicht für einen Krieg eingesetzt würde“. Hört man solche Stimmen? Nein.
Das Grundgesetz gilt nicht mehr. Die Grundrechte der Bürger, einst streng durch die Verfassung geschützt, sind beliebig geworden. Die Geheimdienste schert das alles nicht. Das Parlament und die Regierung auch nicht. Das ist katastrophal. Denn das Fundament der Demokratie hat keine wirksame Verteidigung mehr. Das Fundament wankt.
Es gibt keinen wirksamen Widerstand gegen diese Entwicklung. Weder in den Parlamenten, noch in den Regierungen, noch in den Bevölkerungen. Das Wort vom „cyber war“ ist längst gängiger Sprachgebrauch. Und die Sprache zeigt wie ein Seismograf, was zu erwarten ist.

Europa. Die Fundamentalismen nehmen zu. Rechtsorientierte Parteien werden stärker. Der bevorstehende Europa-Wahlkampf wird dies überdeutlich zeigen. Das Mittelmeer ist zu einem Massengrab geworden. Über 20.000 Flüchtlinge sind mittlerweile auf dem Weg nach Europa ertrunken. Und die Union schottet sich immer mehr ab (FRONTEX etc.). Der Widerstand dagegen ist marginal (von einigen Weihnachtsansprachen abgesehen) und völlig folgenlos. Leute wie der unermüdliche Jean Ziegler werden zwar gelesen, man klatscht ihm auch Befall. Aber es bleibt folgenlos.

Der Kampf um die Sicherung der letzten Rohstoffe nimmt weiter an Schärfe zu. Sogar der international eher bedeutungslose deutsche Koalitionsvertrag nimmt das Stichwort von der „Rohstoffsicherung“ auf und verlangt entsprechende „Maßnahmen“, um der „Wirtschaft“ den „Zugang zu den Ressourcen“ zu ermöglichen. Man erwartet von der Politik, „behilflich“ zu sein. In Afrika vor allem. Denn dort lagern die für eine IT-gestützte Wirtschaft die wertvollen seltenen Erden.
Die Spannungen zwischen reicher und armer Welt nehmen zu.
Das Tempo der Zerstörung der natürlichen Grundlagen des menschlichen Lebens nimmt zu.
Der politische Widerstand gegen solche Zerstörungstendenzen ist minimal, eigentlich gar nicht vorhanden, denn der Glaube an das „Wachstum“ ist ungebrochen.

Demokratie. Politische Stiftungen haben darauf längst hingewiesen: die Skepsis sehr vieler Menschen gegenüber demokratischen Systemen nimmt weltweit ab. Fundamentalismen gewinnen Oberwasser. Die Spannungen steigen weiter an, weil die Ungerechtigkeit wächst. In der stärksten Volkswirtschaft Europas führt die übergroße Koalition zu einer weiteren Entmachtung des Parlaments, ein schon seit längerem zu beobachtender Trend. Die politische Klasse, insbesondere Regierungen und Parlamente haben eine erschreckend geringe Akzeptanz.

Zynismus. Verfolgt man die öffentliche Debatte insbesondere in den Netzwerken, fällt der zunehmende Zynismus, der sich als „Humor“ tarnt, sofort ins Auge. Viele Menschen haben im Grunde ihre Fahne eingezogen, haben „resigniert“, retten sich ins Kabarettistische und in den Zynismus, verkriechen sich in noch verbliebene private Nischen.

Nun ist es zwar auch so, dass ausserparlamentarische Initiativen und Netzwerke durch das Internet an Bedeutung gewinnen. Die Zivilgesellschaft organisiert sich auf diesem Wege weltweit. Das ist eine tröstliche Entwicklung. Ihre politische Wirksamkeit jedoch ist – abgesehen von einigen wenigen Petitionen – marginal.

Nun habe ich nicht wenige Jahre meines Lebens – um genau zu sein, mehr als die Hälfte des bisher gelebten Lebens – als politisch aktiver Mensch verbracht. Während der zweiten deutschen Diktatur und in dem Vierteljahrhundert danach.
Mir sind Abläufe und Gepflogenheiten in Parlament und Regierung aus eigener Arbeit und eigenem Erleben durchaus vertraut.
Vielleicht auch gerade deshalb überwiegt die Skepsis, ob es noch gelingen kann, wirklich umzusteuern.
Das kommende Jahr 2014 wird an die „Schlafwandler“ erinnern. Christopher Clark hat dieses bemerkenswerte Buch 2013 vorgelegt.
Manchmal ist mir, als taumelten die modernen Gesellschaften ähnlich wie 1914 gleichsam „wie Schlafwandler“ in eine erneute, weltweite Katastrophe.
Es sollte mich freuen, wenn ich mich irre.

Komm, wir gründen eine Partei – Anmerkungen eines silversurfers


Kann sein, dass ich sentimental werde, aber die Bilder dieser Tage von den „Piraten“ lassen doch die eine oder andre Erinnerung wach werden.
Oktober war’s. 1989.
Die Diktatur beherrschte alles.
Und doch gründeten wir damals unsere neue Partei. Was nicht ungefährlich war.
Ibrahim Böhme und Rainer Hartmann wollten mich mitnehmen nach Schwante, aber ich war in Wandlitz beim Kaffee und nicht zu Hause.
Eine Woche später war ich dabei, bei dieser „SDP“, wie sie sich nannte in bewusster Abgrenzung von der westdeutschen „SPD“.
Denn wir wollten „es anders machen“.
Internet hatten wir nicht. Wussten nicht mal, was ein fax ist. Handys – Fehlanzeige. Autos: alte Plastikkutschen. Kopierer? Was’n das?
Die Stasi war dabei, wie wir jetzt wissen und hat uns doch nicht aufhalten können.
Es galt, die Diktatur zu beseitigen und eine parlamentarische Demokratie einzuführen in ein Land, das 40 Jahre Diktatur verwüstet hatten.

Heute kommen die „Piraten“ und entern ein Landes-Parlament.
Junge, engagierte Leute, die den „alten Parteien“ mal ordentlich den Marsch blasen“ wollen. Oder genauer: twittern.
Und ich sehe, wie sie da sitzen bei „Phoenix“ bei ihrer ersten Pressekonferenz nach einer Wahl, die alle 15 ihrer Kandidaten ins Berliner Abgeordnetenhaus gespült hat.
Und erinnere mich.

Mit Handys haben sie’s gemacht, mit Laptops und Computern, tablets und viel „Internetzeugs“.
Spaßig rufen sie den Journalisten zu, es gäbe „nachher noch eine Gelegenheit für eine Nahaufnahme des Internets“.
Wofür sie stehen, ist noch nicht recht deutlich.
Um „mehr Demokratie“ soll es gehen.
Das ist gut.
Und verdammt schwer.
Denn viele Menschen haben „keinen Bock“ auf Demokratie, machen lieber dumme Sprüche oder amüsieren sich auf Kosten der Engagierten.
Das ist einfacher.
Demokratie jedoch macht Mühe.
In der Opposition zumal, denn für keinen einzigen seiner Anträge findet man eine Mehrheit.
Parlament aber funktioniert nach Mehrheiten der Gewählten.
Die jungen Leute werden also unter Druck kommen von denen, die „draußen“ sind, vor den Toren des Parlaments.

Ich erinnere mich an unser „Programm“ an unsere „Ideen“ – und wie sie scheiterten am Realen.
Nicht immer, darauf können wir stolz sein.
Aber doch oft.
Beispielsweise gibt es bis heute keine gesamtdeutsche Verfassung.

Ich erinnere mich gut, wie es war, als die Medien anfingen, sich für uns zu interessieren, denn das war ja das gefundene Fressen für die Neuigkeitsindustrie: ein ganzes Land geht unter!
Das hat was, wenn ein Land zusammenbricht. Das interessiert den Zuschauer.
„Wer sind die Neuen? Was wollen die?“
Auf den Fluren in der Rungestraße stand der NDR und der Spiegel, ZDF und wie sie alle heißen kamen hinterdrein, wir hatten nicht mal Stellplatz in den kleinen Räumen für die Kopierer, die uns Partner aus dem Westen zur Verfügung gestellt hatten.
Die Überschrift beim NDR hieß: „SDP – Hightech steht auf dem Klo“.
Wir lernten die Macht der Medien kennen.
Wie sie einen hochschreiben und wieder fallen lassen.
Wie sie sich einen aufs Korn nehmen oder unterstützen.
Wie sie jeden Tag eine neue Sau durchs Dorf treiben und einen verrückt machen damit.

Aber das haben wir erst nach und nach gelernt.
Später dann, als etliche von uns im Parlament saßen. Im gesamtdeutschen.
Und Minister wurden und Staatssekretäre, manche gar Ministerpräsidenten.

Das war ein langer Weg.
Wir haben den Unterschied gelernt zwischen Wünschenswertem und Machbarem.
Das war schmerzhaft und manch einer hat es nicht durchgehalten und ist von Bord gegangen.

Man wird sich denken können, dass ich die „Piraten“ deshalb mit besonders großem Interesse und auch großer Sympathie beobachte.
Junge Leute, engagiert, unkonventionell, noch etwas unklar.
Aber „die Grünen vertreten die alte Politik“ kann ich bei twitter lesen. Da ist man sich schon mal sicher.
Das ist der Anspruch einer neuen Generation.
Deshalb wäre es schade, wenn der Gründer der Piraten Recht behielte. „Wir sind nicht gekommen, um zu bleiben“ hat er der WELT gesagt.
Das wäre schade.
Denn die Demokratie braucht frischen Wind, Glasnost und Perestroika, Transparenz!
Das war die Forderung von Gorbatschow, das war unsere Forderung, und, wenn ich richtig höre, fordern es auch die „Piraten“.
„Macht mal einer das Fenster auf! Lasst Luft rein!“

Dieser Ruf ist so alt wie die Demokratie.
Und immer wieder kommen neue, frische junge Leute mit dieser Idee.
Sie wollen es besser machen als die Alten.
Das ist ihr gutes Recht.

Ich wünsche ihnen sehr, dass sie sich nicht blenden lassen von der Aufmerksamkeit der Medien grade in den ersten Tagen nach einem Wahlerfolg.
Das ändert sich.
Und wenn der Wind von vorn bläst, liebe Piraten, wer wüsste es besser als ihr: dann müsst ihr kreuzen!

Willkommen in der Demokratie, für die wir gemeinsam streiten.
(ich war von 1998 bis 2009 MdB und von 2005-2009 Staatssekretär in zwei Bundesministerien).

Ich traue den Deutschen nicht wirklich – etwas über das Internet


Vielleicht bin ich ja geschädigt. Hab mich mein mein ganzes waches politisches Leben lang mit dem Nationalsozialismus, seinen Ursachen und Folgen auseinander gesetzt.  Ich hab meine Abschlussarbeit an der Universität darüber geschrieben, mit sehr vielen Zeitzeugen gesprochen, unzählige Studien und Bücher dazu gelesen und ausgewertet.
Vielleicht hör ich ja deshalb schon das Gras wachsen. Aber vielleicht ist das auch gut so.
Der Lügenbaron ist also zurückgetreten. Die Kanzlerin beschimpft nun also weiter die Wissenschaft, die den Baron im wesentlichen zu Fall gebracht hat und meint, sie müsse sich „von niemandem“ Recht und Anstand beibringen lassen. Das sagt etwas. Über sie.
Das Kabinett ist umgebildet. Die Sache scheint erledigt.
Und doch macht sich der Eindruck breit, daß die Bevölkerung „der Politik“ schon lange nicht mehr traut.
Im Internet hat sich in einer solchen instabilen Situation innerhalb von zwei Tagen eine „Bewegung“ etabliert.
„Gegen die Jagd auf Dr. Karl-Theodor zu Guttenberg“ heißt die eine Plattform, die andere „Wir wollen Guttenberg zurück“.
Zusammen haben sie etwa 700.000 „Fans“. Das sind nicht alles echte Fans, sehr viele davon sind schlicht gekauft. Dennoch: da ist eine „Masse“ in Bewegung. Canetti hat darüber geschrieben.
Da gibt es also Leute mit Geld, die die Seiten pushen.

Und ich beobachte, daß die Seiten wachsen. Wie die Lemminge tragen sich immer mehr Menschen dort als „Fans“ ein – die hohe Zahl führt zu medialem Echo in den Prinmedien. Der „stern“ hat berichtet, die taz und andere Zeitungen auch. Wir kennen das aus zurückliegenden Kampagnen im Internet: es gibt eine wechselseitige Verstärkung der online- und der print-Medien. Je höher die Zahl der „Fans“ ist, um so größer ist die Wahrscheinlichkeit, daß print und tv berichten. Und: sobald die berichten, steigt die Zahl der „Fans“.
Nun habe ich mir die Seiten einmal genauer angeschaut und finde, daß darauf rechtsradikale Propaganda getrieben wird. Da gibt es links, die heißen „Wir wollen Hitler wieder haben“. Da gibt es postins die heißen unter Bezug auf Guttenberg: „der begabteste Politiker seit Hitler ist zurückgetreten“ etc. pp.
Das ist nicht mehr lustig.
Wer sich in eine Debatte mit diesen „Fans“ begibt, wird aggressiv angegangen. Auf diesen Seiten geht es nicht um das Argumentieren. Deshalb ist der Versuch von Tissy Bruns im „Tagesspiegel“ zwar ehrenwert, aber vergeblich. Denn es geht gerade nicht um das Argument.
Es geht lediglich darum, eine möglichst große Masse zu erzeugen, um damit die mediale Aufmerksamkeit zu steigern.
Und es geht darum, auf diesen großen Seiten kostenlose Werbung für die Neue Rechte zu platzieren.
Das Internet wird zum Steigbügel für Nazis.

Nun versuchen zwar einige andere, eine eigene Gruppe „Wir sind gegen eine Rückkehr von Guttenberg“ zu etablieren. Das ist aller Ehren wert. Und es beginnt der „Kampf um Mehrheiten“.
Wer die meisten „Fans“ hat, so die Überlegung, der hat Recht.

Weit gefehlt.
Denn es geht der Neuen Rechten nicht um das Argument.
Es geht ihr um die Macht.
Die in der Bevölkerung tief verwurzelte Politikerverdrossenheit wird instrumentalisiert.
Gegen „die Politiker“ sind sie alle. Das ist mehrheitsfähig. Und auf dieses Holzpferd setzen die Rechten. Es ist ein Trojanisches Pferd.
Insofern hat Norbert Lammert Recht: das Verhalten von Guttenberg ist ein „Sargnagel für die Demokratie.“

Aus der Schweiz kommen besorgte Stimmen. Da werden Vergleiche angestellt zwischen dem Erstarken der Nazis mit Hitler und dem Rückhalt in der Bevölkerung, den zu Guttenberg hat.
Beides „verkrachte Intellektuelle“, der eine als „Weltkriegsgefreiter“ verhöhnt, der andere als „Betrüger“ entlarvt – und doch folgen ihnen die Massen.
Beide geübt im Verdrehen der Argumente: Schuld hat nicht der Täter, sondern der Ankläger.
Beide geübt im Umgang mit den Medien.
Denn: da gibt es mächtige Zeitungen und da gibt es Leute mit Geld, die sie stützen.
Man kauft sich das Volk. Man kauft „Fans“. Und erzeugt so mediale Aufmerksamkeit. Wir wissen aus den Anfängen der Naziherrschaft, daß die Verquickung von Medien, Geld und Beziehungen maßgeblich war für den Aufstieg des Verführers.
Die Deutschen haben „an ihn geglaubt„.
Wörtlich kann man in diesen Tagen Ähnliches über die deutsche Bevölkerung und zu Guttenberg lesen.

Manche sind der Ansicht, daß die beiden zitierten facebook-Seiten eigentlich eine bittere Satire seien.
Für mich ist das nicht so.
Ich halte diese Seiten für gefährlich. Und ich halte auch Guttenberg für politisch gefährlich, denn er ist in der Lage, die Bevölkerung zu verführen. Er ist ein Blender. Die Umfragen zeigen es.
Und ich traue diesen Deutschen nicht wirklich über den Weg.
Denn wir haben es nicht nur einmal erlebt, daß die Mehrheit den Verführern gefolgt ist – gegen jedes Argument.

Das Internet ist neutral.
Es gibt nur die Möglichkeit, daß sich Menschen miteinander verknüpfen. Aber durch diese Möglichkeit der blitzschnellen Verknüpfung  wird es zu einem politischen Instrument.
Nicht zuletzt der Aufstand der Akademiker (wann hat es das gegeben, daß innerhalb kürzester Zeit Tausende von Professoren öffentlich protestieren?), der mit Hilfe des Internets organisiert wurde, hat den Baron auf sein Schloß zurück geschickt.
Vorerst.
Denn heute schon sind die Stimmen unüberhörbar, die eine Wiederkehr wünschen.

Ich gehöre nicht zu ihnen.
Denn ich traue den Deutschen nicht wirklich.
Weil ich die Kraft des Internets kenne. Es ist ja gerade in diesen Tagen, an denen sich die „Internetgemeinde“ feiert, sie habe ganze Regierungen z.B. in Nordafrika gestürzt.
Wehe, wenn diese Macht den Falschen in die Hände fällt.

Nichts wäre mir lieber, als wenn ich mich irren würde.

Ich habe nur die Worte – etwas über das bloggen


Politik sei die „Einmischung in die eigenen Angelegenheiten“ hat mein Freund Jürgen Fuchs immer gern zitiert. Solche Einmischung ist notwendig und keine Frage des Alters. Auch zeitweilige Pensionäre wie ich können sich daran beteiligen.
Ich habe kein Amt, ich habe kein Mandat – aber ich habe die Worte. Und das ist viel.
Denn jetzt – in meiner Sabbath-Zeit – habe ich ausführlich Muße zum Lesen, zum recherchieren, zum Verdichten der Argumente. Sehr viel mehr Ruhe und Zeit als ich es je im Berufsleben hatte. Ich genieße das sehr. Und mische mich ein. In die „eigenen Angelegenheiten“.
Zum Beispiel in den Streit um den Bundesverteidigungsminister. Ich mische mich ein in den Streit um die Werte Europas. Ich mische mich ein, wenn es darum geht, endlich gehbare Wege zu einer Weltinnenpolitik zu finden, die den armen Ländern dieser Welt etwas mehr Gerechtigkeit angedeihen lässt.
Ich habe nur die Worte. Aber das ist sehr viel.

Seit über einem Jahr befasse ich mich nun mit den Chancen und Möglichkeiten, aber auch mit den Gefahren des Internets und der sozialen Netzwerke. Ich lerne täglich dazu.
Wenn ich morgens an den Rechner gehe, beginnt der Unterricht. Es ist ein learning by doing, ein sehr praxisorientierter Unterricht.

Mittlerweile kann ich ein wenig auf diesem neuen Instrument spielen, so, wie ich in den Pausen auf meinem Flügel spiele, der nebenan im Wohnzimmer steht. Mir steht mittlerweile eine gewisse Fingerfertigkeit zur Verfügung. Das kommt vom Training….

Täglich staune ich über die Kraft des Internets und der sozialen Netzwerke. Ich beobachte in diesen Tagen, wie sich nun allmählich etwas sehr Besonderes ereignet: der Widerstand der Akademikerschaft gegen einen Lügner im Amt des Bundesverteidigungsministers.
Da gibt es das Wechselspiel zwischen klassischen Medien (Rundfunk, Fernsehen, print) und den sozialen Netzwerken. Sie befruchten sich gegenseitig, korrigieren sich, kommentieren sich, nehmen Anteil und Einfluß aneinander und aufeinander. Und beeinflussen damit natürlich auch das Geschehen in Parlament und Regierung.

Blogger haben eine große Kraft und großen Einfluss, denn sie können sich gegenseitig in Sekundenschnelle unterstützen. Blitzschnell wird aus einem einzelnen posting eine ganze Welle im Netz.
Wenn sie authentisch sind. Denn die Währung des Internets ist Authentizität.

In diesen Tagen, in denen die NATO über eine Invasion in Nordafrika nachdenkt; in diesen Tagen, in denen die deutsche Wissenschaft ihren guten Ruf zu verteidigen hat gegenüber einem Hochstapler und Verführer im Amt eines Bundesministers; in diesen Tagen hat das bloggen und posten eine besondere Aufgabe: es kann dazu dienen, dem mainstream entgegenzuwirken.
Die community wendet sich gegen die von der BILD behauptete Meinungsführerschaft. Und sie hilft, die Ehre der deutschen Wissenschaft zu verteidigen.
Ein offener Brief junger Promovenden an die Kanzlerin findet innerhalb weniger Tage viele Zehntausend Unterzeichner und verleiht dem Anliegen dadurch große Resonanz.
Eine Stellungnahme von über tausend Professoren findet innerhalb kürzester Zeit europaweite Verbreitung.

Ich habe nur die Worte.
Und einen Computer.
Und ein wenig politische Erfahrung.

Das Internet ist ein wunderbare Möglichkeit der politischen Teilhabe. Ich arbeite gern mit den neuen Medien. Ich lerne tägliche neue, interessante Menschen auf diesem Wege kennen, kann mich mit ihnen austauschen, argumentieren, zuhören. Es ist eine sehr große Bereicherung in meinem Leben.

Blogger sind keine „jungen Spinner“, wie es mancher in der Politik gern hätte.
Blogger sind Staatsbürger ohne Uniform. Aber mit Computer.

Unsere Demokratie kann dieses wunderbare Instrument der Teilhabe wirklich sehr gebrauchen gegenüber denen, die glauben, sich die Republik einfach kaufen zu können.
Wir werden ihnen unseren Widerstand entgegensetzen.
Diese Republik ist nicht käuflich!

„…eine Million Fliegen kann sich nicht irren“ – etwas über Sponti-Sprüche, Mehrheiten und das Internet.


„Leute, fresst Scheiße, denn eine Million Fliegen kann sicht nicht irren!“.
Das ist ein alter Sponti-Spruch. Mein Vater hat ihn immer gern zitiert während der Zweiten Diktatur, als sie alle mitmarschierten und ihre Fähnchen schwenkten und nur wenige noch da waren, die nicht bereit waren, ihren Kopf nur dazu zu verwenden, damit der neue Hut passt.
In Zeiten von online-Befragungen und Abstimmungen in Zeitungen hat er nichts an seiner tiefen Wahrheit eingebüßt.
Die „breite Unterstützung in großen Teilen der Bevölkerung“, frisch dokumentiert beispielsweise in der BILD, verführt die Kanzlerin sogar dazu, einen Hochstapler im Amt zu lassen.
Nun sind Mehrheiten ein hohes Gut in einer Demokratie. Ganz ohne Zweifel.
Aber: Mehrheiten lassen sich organisieren. Und sie lassen sich manipulieren.
Im Internet-Zeitalter scheint das ganz besonders schnell zu gehen. Wie sich gezeigt hat, wurden viele Tausend Stimmen von „Fans“ auf einer Seite, die den Hochstapler unterstützen soll – schlicht gekauft. Stimmen lassen sich kaufen. Es ist wie in einer finstren Diktatur irgendwann im vorigen (?) Jahrhundert hinter irgendeinem Busch in Timbuktu.
Die „moralische Rechtfertigung“ eines Hochstaplers versucht mancher durch die Beobachtung zu gewährleisten, daß „über 900“ Menschen bei einer Versammlung in Süddeutschland dem Hochstapler „zugejubelt“ hätten.
Umfragen haben – gerade vor Wahlen – immer eine besondere Aufmerksamkeit. Denn: Mehrheiten scheinen ein Garant dafür zu sein, daß man „richtig liegt“.
Wer die Mehrheit hat, hat Recht.

So scheint es.
Denn: Mehrheiten lassen sich organisieren und sie lassen sich manipulieren.
Es gibt zahlreiche Beispiele aus der jüngeren deutschen und internationalen Geschichte, die diesen Satz belegen.

Nun wissen wir seit gestern, daß in Deutschland Macht vor Moral geht.
Ein Hochstapler wird im Amt gelassen, weil er aus machttaktischen Gründen wichtig ist. Er habe die „Unterstützung großer Teile der Bevölkerung“.
Wir wissen auch seit gestern, daß sich der Hochstapler für die Unterstützung einer einflussreichen Zeitung mit der Schaltung einer teuren Anzeigenkampagne revanchiert.
Die Manipulation von Mehrheiten hat ausgereicht. Die Sache hat funktioniert.

So scheint es.
Und es steht zu befürchten, daß dieses Beispiel Schule macht.
Denn in einer Medien-Demokratie wie unserer reagieren die Menschen besonders schnell auf wechselnde Mehrheiten.
Der „main-stream“ ist entscheidend. Und die Bereitschaft, sich dem „main-stream“ anzupassen, ist enorm ausgebildet.
Wer im „main-stream“ mitschwimmt, ist nicht in der Gefahr, als „Außenseiter“ abgestempelt zu werden. Der „main-stream“ gibt Sicherheit.

So scheint es.
Denn es hat sich in der Vergangenheit gezeigt: die wirklich wichtigen Menschen für den Erhalt von Moral, Anstand, Aufrichtigkeit – und schließlich auch für politische Courage und Mut waren die wenigen.
Das war nicht nur so während der Zeit des Nationalsozialismus, als eine „breite Mehrheit in der Bevölkerung“ für den Hochstapler Hitler gestimmt hat, das war in der zweiten Diktatur so, als nur wenige anlässlich des 40. Geburtstags der größten DDR der Welt mit einem Rosa-Luxemburg-Zitat den Anfang vom Ende einläuteten.
Das war auch so, als Castellio gegen Calvin ins Feld zog: das Gewissen des Einzelnen gegen die Gewalt einer scheinbaren Mehrheit. Stefan Zweig hat großartig von diesem Konflikt geschrieben.
Das Schielen nach Mehrheiten gehört zur Demokratie.
Aber: es ist auch gefährlich.
Wie man aktuell sehen kann.
Denn wenn die Sicherung von Mehrheiten zum alleinigen Maßstab für politisches Handeln wird, dann sind der Verrottung von Anstand und Sitte Tor und Tür geöffnet.
Die causa Guttenberg ist nur ein weiterer Beleg für diesen Satz.

Was ist notwendig?
Bildung.
Nicht verstanden als Wissens-Vermittlung, sondern als Heranbildung einer selbständig denkenden, kritischen, selbst-bewußten Persönlichkeit, die in der Lage ist, die eigene Meinung aufrecht und gerade zu vertreten und die auch bereit ist, für die eigene Überzeugung Nachteile in Kauf zu nehmen.
Das kann die Schule nicht. Jedenfalls nicht die normale, auf „Leistung“ getrimmte Kaderschmiede unserer Tage.
Es scheint, als seien auch nur noch wenige Eltern in der Lage, ihre Kinder in einem solchen Sinne zu bilden.

Ich teile die Sorgen vieler Menschen, die sich in diesen Tagen äußern.
Die Angst um sozialen Abstieg, die mangelnde Fähigkeit, zu eigenen Überzeugungen wirklich zu stehen und dafür Verantwortung zu übernehmen, die zunehmende Unübersichtlichkeit gesellschaftlicher und politischer Prozesse – all das verstärkt die Sehnsucht der Menschen, sich in Mehrheiten aufgehoben zu fühlen.
Die Bereitschaft solch verunsicherter Menschen, sich anzupassen, nimmt weiter zu.
„Führer befiehl – wir folgen“. Wir kennen diesen Satz aus nicht allzu weit entfernter Vergangenheit.
Wir wissen aus der zweiten Diktatur, wie groß die Bereitschaft war, den neuen Verführern zu folgen.
Und wir sehen nun, wie groß die Bereitschaft vieler ist, sogar erwiesenen Hochstaplern weiter zu folgen.

Die politischen Heiratsschwindler und Hochstapler unserer Zeit wissen genau, wie man damit umgeht.
Sie hegen und pflegen diese Bereitschaft zur Unterwürfigkeit.
Gegebenenfalls revanchieren sie sich bei großen Zeitungen, die ihnen bei der „Sicherung von Mehrheiten“ behilflich sind, durch das Schalten von Anzeigen. Gegen cash versteht sich.

Die Hochstapler versuchen, sich die Republik zu kaufen.
Je länger ich politisch aktiv bin und mich in die Belange unserer Gesellschaft einmische, je unheimlicher wird mir dieser Versuch der politischen Heiratsschwindler und Hochstapler, die Demokratie durch „strategische Partnerschaften“ mit führenden Massenmedien zu untergraben.
Ich hoffe auf die kritischen Geister, die sich nicht nur mit irgendwelchen Spielchen in den Netzwerken tummeln, sondern die verstehen, daß sie mit social media ein politisches Werkzeug zur Verfügung haben, das mit helfen kann, den Totengräbern der Demokratie das Handwerk zu legen.

Was der Krieg kostet – Etwas von der Recherche


Im Krieg stirbt zuerst die Wahrheit. Das ist ein alter Satz. Und weil er wahr ist, macht die Recherche besonders Mühe.
Ich nehme mir deshalb Zeit, um mich auf die Suche zu machen.
Ich lese Quellen, vergleiche ihre Angaben und werte schließlich aus.  Das Ergebnis ist hier zu lesen.
Es wird auffallen, daß ich keine Quellen verwende, die von einer Partei kommen. Denn zu groß scheint mir die Gefahr, daß die dort vorgelegten Zahlen interessengeleitet sein könnten.

Zwei Zahlen zu Beginn: nach Informationen von Heise-online ist der Afghanistan-Krieg mittlerweile teurer als der Irak-Krieg.
Er kostet allein die US demnach 6,7 Milliarden Dollar – pro Monat.

Für Deutschland hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung die Gesamtkosten zusammengerechnet.
Für den Zeitraum von 2001 bis 2013 ergeben sich aus dieser Berechnung Gesamtkosten von „bis zu 47 Milliarden Euro“.
Die „Tagesschau“ hat am 28. Januar 2011 auf diese DIW-Studie Bezug genommen. (Zum Vergleich: das Ganztagsschulprogramm hat für 10.000 Ganztagsschulen in Deutschland 4 Milliarden im Budget….).
Das Bundesverteidigungsministerium hat kurz nach dem Erscheinen der DIW-Studie in einer dürren Erklärung des Sprechers dazu Stellung genommen und lediglich mitgeteilt, daß das BmV nur die Kosten im eigenen Budget ausgewiesen habe.
Das klang wie ein Dementi. War aber keins.
Weil die DIW-Studie die Gesamtkosten für den Bundeshaushalt berechnet hat.

Wie aus der zitierten „Tagesschau“-Meldung ersichtlich, ist es schwieriger, die Kosten für den zivilen Beitrag Deutschlands zu berechnen. Nach Auskunft des DIW ist das Verhältnis zivil zu militärisch etwa 1/3 zu 2/3.

Was zwingend ein stärkeres ziviles Engagement erfordert. Denn „militärisch ist der Konflikt nicht zu gewinnen“ nach einhelliger Meinung fast aller Fachleute sowohl aus dem BMZ als aus dem BmV. (Ich kenne niemanden, der einen militärischen „Sieg“ noch für möglich hält).

48 Nationen beteiligen sich am Afghanistan-Krieg. Deutschland stellt nach den USA das zweitgrößte Truppen-Kontingent.
84.150 Soldaten sind nach Informationen der „Tagesschau“ insgesamt im Einsatz. Die ISAF hat dies, sorgfältig nach Ländern geordnet, auf ihrer Seite genauer beschrieben.
Wer darüber hinaus an einer präzisen Chronik des Krieges interessiert ist, findet beim Friedenspolitischen Ratschlag eine entsprechende Information.

Die Zahl der getöteten Zivilisten ist schwer zu ermitteln. Die Zahlen schwanken.
Dennoch übersteigt die Zahl der getöteten Zivilisten die der getöteten Soldaten um ein Vielfaches. Besonders betroffen sind die Kinder.
Nach Angaben der UNO starben allein im letzten Jahr über 1000 Kinder.
Die Zahl der getöteten deutschen Soldaten ist hier mit Datum vom 28. Januar 2011 zusammengefasst.

Folgt man den Berechnungen der Forscher vom DIW, kostet jedes weitere Kriegs-Jahr allein in Deutschland etwa 3 Milliarden Euro.

Diese Summe wird nun – nach dem Beschluss des Parlaments vom 28. Januar 2011 – vom deutschen Steuerzahler aufgebracht werden müssen.

Diese Zahlen, hinter der sich Einzelschicksale verbergen, ist als Folie interessant für die anderen blog-Beiträge, die ich hier auf dem blog bereitstelle.

In diesen Texten wird von zivilen Projekten die Rede sein. Denn: der Frieden ist zivil. Und das zivile Engagement muss gestärkt werden, weil bislang das Militärische weit überwiegt und nur zu mehr Zerstörung führt.

Der zivile Aufbau Afghanistans hat längst nicht so viel Geld zur Verfügung wie das Militär
kann aber dennoch Sinnvolles bewirken.

Weil die Nachrichten über das Militär überwiegen, will ich von zivilen Projekten berichten.
Denn es gibt sie, die Alternativen zum Krieg.

„Wir sind Engel des Todes…..“ Nachdenken über ein Lied aus dem Internet


Dieses Lied kam heute über das Internet zu mir auf den Rechner.

 

 

Im Refrain heißt es:

„Wir sind Engel des Todes
direkt aus der Hölle
aufgetaucht aus dem (Nichts) (das Wort kann ich im Lied nicht genau verstehen)
dem Auftrag zu folgen
mit Waffen bestückt
begleitet von Kraft, Stolz und Ehre
Wir stürzen lachend ins Verderben
Wir sind Engel des Todes
direkt aus der Hölle
ausgebildet für den Kampf
motiviert für den Sieg
Wir regeln die Scheiße
das ist jetzt unser Krieg
bereit und entschlossen
den Terror auszumerzen
deutsche Fallschirmjäger
mit Leidenschaft im Herzen…“

Den weiteren Text erspare ich mir hier.
Dieses „Lied“ taucht wenige Tage vor einer Abstimmung im Deutschen Bundestag im Internet auf.
Bei dieser Abstimmung wird es um die Frage gehen, ob das Parlament das Mandat für die deutschen Soldaten in Afghanistan erneut verlängert.
Seit einiger Zeit ist – von hohen Offizieren öffentlich geäußert – klar, daß eine neue Großoffensive bevorsteht.
Die Frage ist also, ob das Parlament die Soldaten in diese Offensive schicken will.
Es sind in den vergangenen Wochen eine Menge Nebelkerzen ins Land geschossen worden, die den Eindruck erwecken sollen, „nur noch diese Schlacht“ sei zu bestehen, dann beginne der Abzug.
Interessanter weise haben sowohl die Kanzlerin als auch der Verteidigungsminister den Abzug mit der Formulierung „soweit die Sicherheitslage dies zulässt“ versehen.
Ein Beginn des Abzugs deutscher Soldaten ist also in weite Ferne gerückt, weil man sicher davon ausgehen kann, daß die Sicherheitslage sich nicht verbessert haben wird.
Das Internationale Rote Kreuz hatte schon vor Weihnachten in einer Aufsehen erregenden Pressekonferenz auf die tatsächliche dramatische Lage im Land aufmerksam gemacht.
Die Unsicherheit nimmt zu.
Die Gewalt wächst.
Der Krieg hat eben nicht zum gewünschten „Ergebnis“ geführt.
Hohe Militärs, auch Politiker sagen seit Längerem öffentlich: dieser Krieg ist nicht zu gewinnen.
Es geht darum, einen vertretbaren Abzug zu organisieren.

Doch davon will zu Guttenberg nichts hören.
Sein vielfach kommentierter PR-Besuch in Begleitung seiner Gattin nebst einem „embedded journalist“ kurz vor Weihnachten hatte ja schon das überdeutliche Ziel, an der „Heimatfront“ „gute Stimmung“ zu machen.
Die Soldaten bräuchten „mehr Anerkennung und Rückhalt in der Bevölkerung.“

Das hier zitierte „Lied“ verfolgt ein ähnliches Ziel.
Es geht darum, die „wahren Männer“ in ihrem „schweren Kampf“ dazustellen und zu unterstützen.

Ein Lied, geeignet für die „Heimatfront“.
Es soll Instinkte ansprechen.
„Männlichkeit“.
„Wir regeln die Scheiße, das ist jetzt unser Krieg…..“
Mentale Aufrüstung vor der beabsichtigten Großoffensive.

Nun, das alles ist längst keine rhetorische Spielerei mehr, über die man diese oder jene Meinung haben könnte.
Es geht um die Frage, ob das deutsche Parlament deutsche Soldaten in diesen Krieg schickt oder nicht.
Spätestens seit dem September 2009, jenem fürchterlichen Angriff auf einen entführten Tanklastzug, von einem deutschen Offizier befohlen – , bei dem über 140 Zivilisten ums Leben kamen, ist allen wohl klar, worum es hier geht:

Soll die militärische „Logik“ führen oder die Politik?
Folgt man „militärischer Logik“, dann müssen „die Gegner“ „ausgemerzt“ werden, wie es in diesem abscheulichen Liede hier heißt.
Das Wort vom „ausmerzen“ hat eine fürchterliche Geschichte in Deutschland.

Ich poste dieses Lied weiter, weil ich um die Kraft des Internets weiß.
Dieses Lied darf nicht unkommentiert bleiben.

Wir dürfen denen nicht folgen, die mit Hilfe solcher – jugendgemäß „aufgemachten“ Lieder – zeitgemäß über das Internet unter die Leute gebracht, die Aufrüstung an der „Heimatfront“ betreiben.

Um diesem Treiben einen wirksamen Riegel vorzuschieben, gibt es nur eins:

Ihr Abgeordneten,
wenn sie Euch fragen,
ob ihr das Mandat erneut verlängern wollt.
Sagt Nein!