Sofort nimmt mich die Atmosphäre gefangen. Hier geht es beinahe noch privat zu. Freunde der Musiker sind gekommen, man hat sich Advents-Plätzchen gebacken, man duzt sich, man kennt sich offensichtlich. Eine angenehme Atmosphäre schon gleich zu Beginn. Hier kommt man sich nicht fremd vor, hier ist man willkommen.
Mitten in Berlin-Karlshorst, 5 Gehminuten vom S-Bahnhof entfernt, findet sich in der Dönhoffstraße 39 im ersten Stock eines denkmalgeschützten Gebäudes ein Kammermusiksaal.
Man steigt die Treppe hoch, am Eingang gleich die kleine Kasse, privat gehts zu: „Papa, wie ist es mit Studentenrabatt?“ ruft eine junge Frau in den Saal, in dem noch geräumt wird.
Papa – das ist Thomas Hoppe und Thomas Hoppe ist nicht irgendwer.
Endlich hat er gefunden, wonach er gesucht hatte: einen schönen Saal für Kammermusik. 90 Plätze, gute Akustik, sogar ein kleiner Nebenraum ist vorhanden, da stehen Getränke bereit.
Ein Gewinn nicht nur für Karlshorst, ein Gewinn für ganz Lichtenberg, denn solche Musik bekommt man in Berlin sonst eigentlich nur in Mitte: im Kammermusiksaal bei den Philharmonikern; am Gendarmenmarkt.

Das, was da aber gestern am Vorabend des 4. Advent zu hören war, war erstklassig. Beethoven, Avner Dorman, Gieseking. Nebst Zugabe. Bitte mehr davon!
Piano Nobile Kammersaal. Sollte man sich merken.
Die frische Art zu musizieren gefällt ganz unmittelbar. Ich kann sehen, wie sie zusammenspielen – man ist im Blickkontakt, freut sich, wenn dem anderen eine schwierige Stelle gelungen ist, lächelt sich zu beim Spiel. Da sitzen Profis, denen das Musizieren noch wirkliche Freude bereitet. Sowas ist selten geworden.
„Weils so einen Spaß macht“ heißt es denn auch am Schluß vor der Zugabe. Das ist zu spüren, das merkt man unmittelbar. Es geht heiter zu bei diesem Konzert, fröhlich, musikalisch hervorragend. Da ist nichts von der manchmal so steifen Kammermusik-Atmosphäre bei anderen Gelegenheiten. Hier kommen Musiker und Publikum zusammen, weil sie etwas Großes gemeinsam haben: Freude an der Musik.
Thomas Hoppe nutzt den schönen Saal in der Dönhoffstraße nicht nur für Konzerte mit seinem Ensemble 4.1 (ganz großartig auch gestern der „Jerusalem Mix“ von Avner Dorman), sondern gibt dort auch Musikstudenten Gelegenheit zur Probe und zu ersten eigenen Konzerten. Wunderbar.
Wir waren durch einen Tipp einer Freundin drauf gekommen: es gäbe da jetzt in Karlshorst so einen schönen Saal mit excellenter, frischer Kammermusik, da müsse man unbedingt mal hingehen und sich die Sache anhören.
Wir waren da. Und wir sind sehr angetan.
Bitte mehr davon!